WZ WESTDEUTSCHE ZEITUNG
Heinz G. Feld

Ein hoffnungsloser Optimist

Mehr als 36 Stunden Herman van Veen in der Düsseldorfer Tonhalle

13. Januar 1989

Düsseldorf. Die Deutschen, Zwölf Tage gastiert der berichtet Herman van Veen (43) seiner Mutter, sind heutzutage eigentlich ganz nett. Zudem gebe es auch noch reichlich Amerikaner, die auf die Leute aufpassen würden.


Anspielungen dieser Art gibt’s reichlich im neuen Programm des Holländers, und ein Blatt vor den Mund genommen hat Herman van Veen sowieso nie. Der Seelenfänger aus Utrecht gilt als feiner Beobachter seiner Umwelt, und irgendwann im Laufe des Abends fühlt sich jeder einmal ertappt.
Wenn Mediziner dem gestreßten Körper Wechselbäder empfehlen, sollte es Van-Veen-Konzerte künftig auf Krankenschein geben. Selten zuvor gab es auf einer Bühne eine solche Fülle von Streicheleinheiten, Kopfnüssen, Kunststückchen, Ohrfeigen, Liebesbekundungen, Küssen und Schlägen.

Zwolf Tage gastiertnder „schütterblonde Lulatsch mit der Billardkugelstirn” (Heinz Rudolf Kunze über seinen holländischen Kollegen) mit seiner mobilen Zirkuskirche in Düsseldorf — das sind mehr als 36 Stunden Programm.
Manchmal bis zur Erschöpfung steht der 43jährige auf der Bühne und wird dabei nicht müde, dem Publikum den Spiegel vorzuhalten. Er ist halt ein hoffnungsloser Optimist, der selbst mit Mitte Vierzig immer noch an das Gute im Menschen glaubt. Ein Märchenonkel, aber keiner, der die Augen vor der Realität verschließt.

„Clown und Holländer” steht auf seiner Visitenkarte, aber Herman van Veen ist weit mehr: Sänger, Tänzer, Komponist, Poet, Magier, Akrobat, Zauberer und Einzelgänger — aber einer, der eigentlich nie alleine ist.



Heinz G. Feld