Die Welt
VOLKER S. STAHR

Herman van Veen:
Entertainer fur eine bessere Welt

12 okt 1988

Man nannte ihn einen Geschichtenerzähler, einen Spaßmacher und Clown, einen Pantomimen und Parodisten, einen Moralisten und Träumer, ja sogar einen Weisen - oder einfach eine Rotznase. Alles aber sind nur Facetten eines großen Entertainers, die ihm alle nur zum Teil gerecht werden und nur als Ganzes das ergeben, was er ist: Herman van Veen.


Er selbst nennt sich schlicht „ein großes Kind“, und sein Vorbild ist -ebenso einfach wie naheliegend -sein Sohn. Natürlich! Warum ist darauf kein anderer gekommen? Ein großes, verspieltes Kind mit seinen vielen Fragen an die Welt der Erwachsenen - genau das ist es, was auf der Bühne herumhüpft, einen mit traurigen Augen anschaut, um gleich wieder mit kindlicher Freude die ach so wichtige Welt der Erwachsenen nachzuspielen. Und immer eine Frage auf den Lippen, in den Augen, in der Gestik: „Warum?“

In seinen Liedern, Parodien und Szenen mit ihrer seltsamen Mischung aus Musik, Mimik, Bewegung und Gedankenblitzen hat van Veen stets nur das Ziel, die Menschen lachen zu machen. Denn dann sind sie am . wehrlosesten gegen seine gezielten Spitzen wider unsere alltäglichen Gedankenlosigkeiten und jene Kälte, mit der wir miteinander umgehen.

Und er tut dies in der Rolle des Kindes, weil sie noch Gefühle äußern dürfen, die Erwachsene längst verlernt haben, und Fragen stellen, die sich für sie nicht schicken.
Seit 20 Jahren steht van Veen mit seinen Träumereien von einer besseren Welt auf der Bühne. Sein erstes Programm war 1968 „Harlekijn“, wie so vieles von ihm aus der „Commedia dell’arte“ ausgeliehen. Den Durchbruch schaffte er mit der LP „Ich hab ein zärtliches Gefühl“ (1973). Dazu kamen Bücher wie „Worauf warten wir?“ und seine Kinderfilme, wie die „Seltsamen Abenteuer des Herman van Veen“, in dem er einen höchst sonderbaren Musikprofessor spielt. Und auch sein jüngstes Opus wurde ein großer Erfolg: Die Märchenoper „Die seltsamen Abenteuer des Alfred Jodocus Quak“, der auszog, den Tieren im Ohne-Wasser-Land Wasser zu bringen - eine Parabel von jenen, die haben, und jenen, die nicht haben.

Doch van Veen ist nicht nur Entertainer, sondern auch ein erfolgreicher Unternehmer. 1968 gründete er die „Kunst- und Kommunikationsfirma Harlekijn“. Sitz des Unternehmens ist Westbroek, ein kleines Dorf von gerade hundert Einwohnern zwischen Utrecht und Hilversum. Dort,hatte er das alte Rathaus gekauft und mit modernen Bühnen- und Studioräumen ausgestattet. Über 20 Angestellte beschäftigen sich darin mit der bessere Welt.

Produktion und dem Verkauf von Unterhaltung. Neben Platten werden Bücher, Theaterstücke und Filme produziert; aber auch Gastaufträge wie klassische Konzertaufnahmen ausgeführt, um die Kapazitäten auszulasten. Jahresumsatz dieser „Kulturfabrik“: etwa zehn Millionen Mark.
Doch die Vermarktung dient nicht-nur van Veen. Denn der nimmt auch selbst Seine Botschaften von einer besseren Welt sehr ernst. „Harlekijn“ ist ein Zentrum für junge, talentierte Künstler aus aller Welt, die dort Förderung und Starthilfe erhalten. Und von Westbroek gehen internationale Hilfsaktionen aus, die von der Popularität van Veens leben. 1975 rief er die Dritte-Welt-Stiftung „Colombine“ (Jahresetat 350 000 Mark) in die Welt; und seit 20 Jahren bereits stellt er, seinen Namen in die Dienste von Unicef, für das er jedes Jahr ein Galakonzert in New York gibt.

„Denn“, so van Veen, „Kinder sind unsere Zukunft.“ . : , : _



VOLKER S. STAHR