SZene, Hamburg

Herman van Veen

12 okt 1974

Polydor 2480 178

Glückliches Holland! Da gibt es neben Popmusik und Jazz, neben Theater und Oper eine höchst lebendige, traditionsreiche und mit einer ganzen Reihe erstklassiger Künstler besetzte Spielart des Showgeschäftes, die früher bei uns als Kleinkunst bekannt war und heute in deutschen Landen so gut wie ausgestorben ist. Das vielleicht größte Talent bei unseren niederländischen Nachbarn ist der Utrechter Typographensohn Herman van Veen, der "Teufelskünstler", wie ihn ein Kritiker nannte, oder mit den Worten des Altmeisters Toon Hermans: "Die stärkste Theaterpersönlichkeit, die die Niederlande in den letzten zwanzig Jahren gekannt haben."


Van Veens Platten erreichen Rekordumsätze, jedes Kind kennt seinen Namen, und seine fast zwei Stunden dauernde One-Man-Show gehört zu den absoluten Spitzenleistungen des europäischen Showbusiness.
Nur von seiner Band begleitet, bietet der Sänger, Parodist, (studierte) Geiger und Crazy- showman ein perfektes Programm, das in seiner Mischung aus Melodie, Texten, Romantik, Gags, Slapstick und enormer Musikalität konkurrenzlos ist.

Es ist, als hätten sich Frank Zappa, Marcel Marceau, Tom Jones und Rudi Carell zusammengetan.

Nach einem mitreißenden Instrumental- Intro betritt er die Bühne, im Rollkragenpulli, ohne Glitzereffekte, und mitten im ersten Lied, beim Stichwort "ik" stellt er sich vor: "Ich bin Herman van Veen, am 14. März 1945 geboren, Kn 28 Jahre alt, wiege 72 Kilo, bin 1,82 groß, habe hellblonde Haare, blaue Augen, eine dumme Nase und einen frechen Mund."

Kurze Zeit später folgen Bekenntnisse wie: "Mein Vater war ein Wunderkind. Anstelle von Sperma spuckte er Trill." (Herman spricht von "zangsaad". also Singfutter).
In Deutschland hat es sich eingebürgert, das Konzert eines Sängers schon dann Show zu nennen, wenn er ein paar rhythmische Bewegungen zu bieten hat. Anders van Veen: stört ihn der Szenenapplaus bei einem gefühlvollen Lied, bricht er ab und beginnt erneut, aus einem simplen Klavierstück wird eine Hommage an Charlie Chaplin, "Rozegeur", eines seiner Lieder, das sehr bekannt wurde (auf der vorliegenden Platte heißt es "Stilles Glück, trautes Heim"), singt er zu Anfang seiner Show, später ein zweites Mal und läßt, indem er quer durch die Sitzreihen geht und über die Lehnen springt, vom Publikum die Reime fertig singen. Er beherrscht alle Tricks der Show. Seine eindrucksvollste Nummer ist ein Schattenboxkampf Hurmen gegen Cassius Clav, der Meister der Niederlande van Veen gegen den Weltmeister.

Musikalisch fühlt er sich von Jaques Brel inspiriert und hört sehr gern Serge Reggiani, Toon Hermans, Wim Kan und Babra Streisand.
Die meisten seiner Lieder und manche der Texte schreibt er selbst Als Chef der eigenen Firma "Harlekijn" mischt er kräftig im holländischen Showgeschäft mit: Konzerte, Shows, Jazzveranstaltungen und Theatervorstellungen stehen auf dem Programm. Manche sehen in ihm einen singenden Narziss, er selbst bezeichnet sich als Idealisten, der aber doch Vorstellungen vom Geld hat, das er braucht, um seine Ideen realisieren zu können: ,Johan Cruiff spielt doch auch nicht beim F. C. 't Goois, obwohl das ein ganze netter Club ist"

PS.Nicht versäumen?
Herman van Veen Show 18.11.'74 - 20 Uhr in Hamburg - Deutsches Schauspielhaus