WAZ
Heidi Kreutzer

Mein Leben bleibt ein Geschenk des Himmels

WAZ-Interview mit Multitalent Hermann van Veen - Am 8. und 9.4. Gast in Duisburg - „Bin ein Performancer“

12. April 1992

Vier Jahre ist es her, daß das holländische Multitalent Herman van Veen in Duisburg sein Publikum begeisterte. Am 8. und 9. April wird er in der Mercatorhalle sein neues Programm „Verwacht“ vorstellen. Mit dabei sind die virtuosen Musiker Erik van der Wurff (Klavier, Synthesizers), Nard Reijnders (Saxophon und Akkordeon), Jolanda Vermeulen, Gaetane Bouchez (Tanz) und seine langjährige Bühnen-Crew. Heidi Kreutzer sprach mit Herman van Veen.


WAZ: Ist es treffend genug, wenn man Sie als Clown oder Liedermacher bezeichnet?
Hermann van Veen: Ich denke, ich bin ein Performancer, ein Darsteller. Ich bin Spezialist in der Beleuchtung dessen, was uns passiert. Keinesfalls sehe ich mich als Schlachtopfer von meinem Erfolg oder von meinem Publikum.

WAZ: Wie wirkt sich ihre Art der Interpretation auf Ihr Programm aus?
HvV: Meine Vorstellungen gibt es immer und grundsätzlich nur zum Tagespreis. Das Programm ist heute so, weil es gestern anders war. Ich lehne es strikt ab, das, was ich tue, zu reproduzieren. - Sicher, es gibt gewisse Standards, die ich variiere. Aber ein Kinobesuch vor meiner Vorstellung kann sich durchaus im Programm spiegeln, weil das Geschehene mich noch beschäftigt.

WAZ: Deshalb Ihre Anspielung auf den neuen Film „Schtonk“?
HvV: Der Film ist für mich Ausdruck von Marketing-Denken, so wie die Hitlertage-bücher-Affäre aus Marketingdenken entstanden ist. Diese Komödie ist gut gespielt und gut gemacht - aber das junge Publikum, mit dem ich in der Nachmittagsvorstellung war, nimmt, so fürchte ich, Nazis danach nicht mehr ernst, son- dern sieht sie nur noch als komische Figuren. Das darf einfach nicht passieren!

WAZ: Diesmal fehlen auf der Bühne Gitarristen. Was ist der Grund?
Hermann van Veen: Wir sind jetzt seit 25 Jahren unterwegs, da ist es für einige von uns schon eine Frage des Alters, ob man sich eine solche Tournee noch zumuten kann. Außerdem ist ein Gitarrist inzwischen so krank, daß er sein Instrument nicht mehr spielen kann. Wir sind eine Gemeinschaft, und ich weigere mich, diese Musiker einfach zu ersetzen.

WAZ: Sie haben heute abend auch ein fast romantisches holländisches Gedicht vorgetragen, das sie erst vor kurzem geschrieben haben. Es drückt intensive Freude an der Existenz der Welt, der Natur, dem „ich und du“ aus.
Hermann van Veen: Ja, dieses Gedicht soll meinen Dank ausdrücken, daß ich das alles wahrnehme und erlebe, daß ich etwas trinken oder einfach in die Luft springen kann. Vielleicht ist das religiös, aber ich spreche einfach diesen Dank ins All, denn das Geschenk Leben ist phantastisch!



Heidi Kreutzer