Chemnitzer Zeitung
ED

Es soll eine Antwort bleiben

Hermann van Veen in Chemnitz - Das Wunderbare soll die Wirklichkeit umarmen

12. Marz 1993

Hermann van Veen gastierte in Chemnitz. Beifall und Ovationen nach dem Konzert in der Stadthalle. Und - ein Gespräch mit dem Künstler, dessen Credo ist: „... daß das Wunderbare die Wirklichkeit umarmen kann“.


Wie sehen Sie heute Ostdeutschland?
Zu DDR-Zeiten gab es ein enormes „Wir“. Jeder kannte jeden. Das ist jetzt weg. In der DDR wurde ein Vogel zum Beispiel als Metapher für Freiheit genommen, heute ist es nur ein Spatz.

Kann denn Kunst noch etwas bewegen?
Ich bin ein optimistischer Pessimist. Das Angebot der Erde ist grandios. Doch was kommen wird, ich weiß es nicht. Kunst und Kultur spielen eine große Rolle. Ich erreiche Publikum, Lehrer, alle die auf Kinder Einfluß nehmen. Alle haben die Chance, für Jugendliche kollektive Verantwortung wahrzunehmen. Meine Lieder sind abstrakt, sind zwar am unsichersten, aber am interessantesten mit tausend Menschen im Saal und tausend Interpretationen. Es soll eine Antwort bleiben, weil man die Frage nicht kennt.

Sie lassen den Zuschauer Gefühle spüren, die Sie derzeit beschäftigen?
Meine Themen sind sehr abstrakt. Ich will nicht mit dem Holzhammer auf die Köpfe der Leute hauen! Es geht um Stimmungen, Veränderungen. Was machen die Menschen? Es gibt große Probleme in den Ostlän-dem. Ungeheure Mengen von Dro-gengeldem werden hier weißgewaschen, eine Mafia, viele wissen nicht, von wem sie bezahlt wird. In Holland sind die Leute nicht so aggressiv, manche sagen auch Ausländerschwein, aber es wird kein Haus brennen.

Sie sagen, den „Dream“ gibt es nicht mehr für viele in dieser Konsumgesellschaft?
Es wird nicht gelebt, man funktioniert. In Holland sitzen die Leute vor dem Fernseher. Das ganze Leben wird gearbeitet, bis genügend Geld da ist fürs Altenheim. Dabei, es geht uns doch gut in Europa, kein Hungertod, wir haben eine Demokratie. Ich bin bereit zu glauben, daß Demokratie was erreicht. Was man sagt, muß man auch tun. Dennoch, viel zu wenige Künstler engagieren sich.

Sie sind Mitbegründer der Stiftung Colombine, diese unterstützt Gesundheits- und Umweltprojekte in Europa und in den Entwicklungsländern. Welche laufenden Projekte gibt es?
Es wird eine Klinik gebaut. Dahin können kranke Kinder mit Begleitung ihrer Eltern kommen. Das vorhandene Geld wird in Drittländer gegeben, das Material herstellt und zurückliefert. Einige Beispiele nur.

Sie sind jetzt längere Zeit auf Tournee, was gibt es noch demnächst? Eine neue CD, mit dem Titel „JA“. Im holländischen Fernsehen läuft ein Kinderprogramm, das den Titel „Der Bär“ trägt.



ED