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De neue Tag
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Verzerrte Spiegelbilder Herman van Veen in Regensburg: Ein Clown, ein Harlekin

11 nov 1981

Regensburg. "Ich bin ein Clown, ein Harlekin, ein kahler Sänger." Hermann van Veen über sich selbst. Letzteres stimmt zweifelsohne. Die beiden anderen Attribute will man dem niederländischen Liedermacher nach seinem Gastspiel am Dienstag in Regensburg gerne zugestehen. Freilich, was er an diesem Konzertabend im Audimax der Universität zweieinhalb Stunden lang zwischen seinen zum Großteil leisen Liedern bot, waren groteske Clownereien, verzerrte Spiegelbilder der Wirklichkeit. Sie konnten als Mittel zum Zweck, die Aussagen seiner Lieder zu unterstreichen, aufgefaßt werden.


Herman van Veen verstand es, sein Publikum zu fesseln. Setzte er mit getragener Stimme zu einem seiner poesievollen Titel an, senkte sich ein Mantel andächtigen Schweigens über die 800 Zuhörer. Mehr als einmal löste sich die. Spannung, die der 36jährige mit senen aussagekräftigen Worten aufgebaut hatte, in einem Seufzer der Erleichterung auf. Eine notwendige Bemerkung zu den deutschen Texten: Sie stammen fast allesamt aus der Feder von Thomas Woitkewitsch, der auch die ausdrucksvollen Lieder der italienischen Sängerin Milva in Worte kleidete.

Daß zu dem gefeierten Gastspiel in Regensburg nur 800 Besucher gekommen waren, mag an seiner - noch - mangelnden Popularität hiezulande liegen. Herman van Veen dürfte in den paar Stunden neue Zuhörer gewonnen haben, die ihre Gedanken in seinen Liedern wiederfinden. Ob er von einem singt, der Karriere gemacht und dafür frühere Ideale geopfert hat, mag es seine Friedenssehnsucht sein, die sich in den Liedern artikuliert, bei denen er in einen Soldatenrock schlüpft, soll es das Lied von Walesa sein, dem er zu Marschmusik zuruft, paß auf, paß auf, ich liebe dich, oder, wenn er laut darüber nachdenkt, was wohl wäre, "wenn Hitler seinen Kampf gewonnen -- hätte"; Zucht und Ordnung würde herrschen, der Sozialismus wäre tot, die Krankenhäuser leer "und ich, ich sänge auch nicht mehr, wenn's anders äusgegangen wär".

. Dann die andere Seite van Veens: Einfühlsam, melodisch. "Ich hab' ein zärtliches Gefühl, für den, der sich zu träumen traut, der, wenn sein Traum die Wahrheit trifft, noch lachen kann - wenn auch zu laut." Oder die Ballade von "Einsam - zweisam - dreisam". Hier scheinen die Stärken des Niederländers zu hegen, da wirkt er zu Hause, spielt virtuos mit Gefühlen, unterstreicht sie durch seine Ausdruckskraft, verleiht ihnen Leben mit seiner schmeichelnden Stimme.

Freilich, da gab es noch einen anderen Hermann van Veen: Mit einer exhibitionistischen Freude spielte er mit Schauelementen, stellte sich, den Körper und seine pantomimischen Bewegungen aus. Man kann aber auch derartige Stilmittel übertreiben, sich in ihnen vergreifen. Dann läuft man nur ahzu leicht Gefahr, ordinär zu erscheinen. In München feierte man diese ahzu gewöhnlich wirkende Seite van Veens als frivol.
Doch wenn dies ein derartiges Attribut verdient - dann, aber nur dann, will man gerne Provinz sein.



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