Berliner Zeitung (DDR)
Volker Blech

Herman van Veen: Bis hierher und weiter

Gastspiel mit neuem Tournee-Programm

10. Oktober 1989

In mehr als zwei Stunden hat der bei uns so beliebte Niederländer Herman van Veen letzte Woche wieder gezeigt, was er alles kann — als Clown, Schauspieler, Tänzer, Akrobat, Jongleur, Musiker, Poet, Geschichtenerzähler —, dennoch: Insgesamt wirkte er etwas erschöpft, der Glanz seiner sonst so faszinierenden Ausstrahlung blieb matter. Vielleicht lag es auch an der für sein „Theater total“-Konzept wenig geeigneten Seelenbinderhalle, die ihm die Möglichkeiten gestischen Agierens nimmt.


„Bis hierher und weiter“ heißt sein neues Tourneeprogramm, das natürlich viel Musik enthält — von Liebesliedern bis hin zum Song vom „Griff ins Klo“. Dazu seine Band, die ihm erneut sichere Rückendeckung für alle Aktionen gibt. Und van Veen führt seine clowneske Lebensphilosophie vor — darin ist er manchmal Hochseilakrobat.
Er kann nicht tot und ruhig im Sarg liegenbleiben, weil er seine Geige draußen vergessen hat. Mitten im Programm beginnt er einen filigranen Männerstriptease, die Spannung wächst, aber dann zieht er sich plötzlich eine Tennishose an, eine unglaublich komische Parodie auf die wachsende Tennismanie. Dann wieder tanzt er, bald gemeinsam mit einer Marionettenpuppe.

In seinen Texten (das zufällige Telefongespräch mit seinem Kind oder wenn er seine Träume erzählt) geht der Humanist van Veen hart mit der Wirklichkeit um, versucht in seiner künstlerischen Gratwanderung jedoch immer wieder das Lebenswerte in ihr aufzufinden.



Volker Blech