Münchener Merkur
Michael Müller



Ein musikalischer Harlekin aus Holland

Herman van Veens Münchner Gastspiel im Circus Krone

10 okt 1984

Er paßt so gar nicht in die Szene, läßt sich nicht ablegen in die Schubladen Liedermacher, Clown oder Entertainer. Herman van Veen ist von all dem ein wenig und darüber hinaus noch mehr: Pantomime und Parodist, Chansonier und Schauspieler, vor allem aber ein Mann der Bühne und unendlich musikalisch. Es ist gut, diesen holländischen Harlekin quasi als Kontrapunkt zu den Münchner Liedermacher-Tagen in der Stadt zu haben (im Circus Krone).


Natürlich, auch van Veens Auftritte sind, wie in der Branche üblich, abhängig von den Aktivitäten seiner Vertragsschallplattenfirma. Und der Titel seines neuen Programms ist identisch mit dem seiner jüngsten LP: „Signale“. Aber van Veen entzieht sich dem gewohnten Konzertbetrieb, der allmählich schon öffentlichem Abspielen von Schallplatten gleichkommt, durch das Besondere seiner Kirnst: sie ist nicht konservierbar, nicht reproduzierbar.

Das neue Van-Veen-Programm lebt aus der Szene, ist eine improvisiert scheinende Aneinanderreihung von Pantomime, Lightshow, Liederzirkus und Performance, ein multimediales Ereignis von höchster Professionalität.
Van Veen weiß zu dosieren und wohltuend hauszuhalten mit Anliegen und Engagement; er setzt Grelles neben Stilles, wobei das eine sich mit spielerischer Leichtigkeit aus dem anderen ergibt und das Absurde das Dramatische kontrapunktiert.

Uber seinen Liedern liegt eine poetische Melancholie, eine stille Heiterkeit, vielleicht auch das Wissen um die Absurdität seines Tuns; da spielt einer den Hofnarren zur gehobenen Zerstreuung und weiß darum - welch angenehmer Kontrast zu den Liedermachern, vornehmlich zu denen österreichischer Provenienz.

Van Veens Texte vereinnahmen und überrumpeln uns nicht; sie bleiben auf ironischer Distanz. Und wenn einmal tremo-lierendes Pathos aufzukommen droht, wechselt er rasch in die Maske des Clowns. „Signale“ ist ein Programm für Fortgeschrittene und Anspruchsvolle, mit Texten weit über dem Handelsüblichen.

Was auch für die musikalischen Arrangements gilt.



Michael Müller