Neue Ruhr Zeitung
UTE GRUNDMANN

Lieder können die Welt nicht ändern

10 jan 1986

„Die Menschen hier sind ein bißchen wie in Holland, wie die Leute aus meiner Straße.“ Nicht nur deshalb hat sich Herman van Veen bei seinem Gastspie! Ht Duisburg wohl gefühlt Der holländische Entertainer war „begeistert, daß es drei Tage voll war“.


So wie jetzt mehrere Tage an einem Ort zu sein, hat für ihn nicht nur den Vorteil, weniger zu reisen: „Wenn dann nach zwei Tagen keiner mehr kommt, weiß ich, es stimmt irgendwas nicht“, weiß Herman van Veen, der seine Show immer wieder verändert. „So ein Abend ist eine Verabredung zwischen Publikum, Künstler und Musikern".

Botschafter der Unicef

In Duisburg „stimmte" die Show offenbar, drei Abende lang war die Mercatorhalle voll besetzt. Und die Resonanz bestand nicht nur im Applaus: „Die Leute bringen mir Bücher und Briefe ins Hotel. Fast immer Leute, die ein Problem haben“, sagt Herman van Veen, „aber ich kann nichts lösen. Ich glaube, daß die Leute nur sich selbst helfen können. Ich kann ihnen nur das Fenster ein bißchen öffnen.“

So will er auch auf der Bühne „nur ein guter Unterhalter" sein. „Ich habe keine Hoffnung, daß man dadurch die Welt verändern kann.“ Aber in seinen Auftritten singt er doch auch politische Lieder: „Politik ist ein Apparat, der früher gemachte Fehler wiedergutzumachen versucht“, sagt Herman . van Veen, „Politik kann die Welt nicht verändern, das müssen die Menschen tun. Außerdem sind heute die Mul-' tis viel wichtiger - politischer Einfluß wird nicht ausgenutzt, weil es dann bald keine 'Hamburger' mehr zu kaufen gibt."

Der „nur gute Unterhalter“ Herman van Veen ist ein politisch engagierter, betroffener Mensch. So fand er es auch „sehr gut“, daß „Amnesty International“ ihren Stand in der Mercatorhalle aufgebaut hatte. Und jenseits der Bühne will er - wenn die Welt schon nicht verändern - wenigstens Denkanstöße geben. Seit 1968 ist Herman van Veen Botschafter der Unicef: „Das Schönste find ich den Besuch in den Schulen. Da gehe ich durch die Klassen, spreche mit den Kindern über das, was in der Dritten Welt los ist." Manchmal organisiert er noch eine Sammlung, „die vielleicht nicht viel Geld bringt, aber Motivation“.

Zwar geht es Herman van Veen „mehr darum zu zeigen, daß man das auch ohne mich hätte machen können“, aber der berühmte Name hilft sicher mit. „Meine Arbeit ist ein Vorrecht, es ist ein schwieriges Fest, aber ein Fest.“
So geht es von Duisburg aus weiter nach Braunschweig, später nach Österreich, Kanada, New York.
Und wenn er einmal rund um die Welt aufgetreten ist, möchte Herman van Veen am liebsten gleich wieder von vorne anfangen:

„Ich hoffe nicht, daß das je aufhört.“



UTE GRUNDMANN