DARMSTAEDTER ECHO
(woernle)

„Blaue Flecken“, die Leben bedeuten

9. Dez. 1989

Für das Album „Bis Hierher und Weiter“ nahm Herman van Veen seine alten Hits noch einmal auf, in digitaler Qualität, um „mit sich selbst konkurrieren zu können“, wie er sagt. Dieses Doppelalbum von 1988 ist eine Retrospektive: „Mit 43 Jahren wollte ich ein bißchen zurück und nach vorne blicken. Wo bin ich, wo stehe ich, was wollte ich, was ist daraus geworden und wie soll das weitergehen?“


Mit vielen Blaue(n) Flecken“, seinem neuen Album. „Blaue Flecken—sind ein untrügliches Zeichen für das Leben.“ Der Künstler vereint unter diesem Titel Betrachtungen, Anmerkungen, Fragen und Impressionen zu den Wechsel-, Zwischen- und Überfällen, die sich der Mensch im Laufe seines Daseins selbst einbrockt oder einbrocken läßt. „Ich habe immer gedacht“, sagt van Veen, „das, was man singt.

soll man auch leben. Deshalb habe ich immer nach Kunstformen gesucht, die man im täglichen Leben konkretisieren kann.“

Glücklich dann, wenn andere glücklich sind

Der Sänger beläßt es nicht bei Worthülsen, erläutert seine ganz persönliche Lebensphilosophie. Schon immer habe er das Gefühl gehabt, daß man als Mensch erst dann glücklich sein kann, wenn die anderen glücklich sind. Van Veen: „Wenn man mit einer Frau zusammen ist, und die langweilt sich, wie kannst Du dann je glücklich sein? Solange andere Hunger haben, schmeckt mir das Essen auch nicht.“

Es macht ihn glücklich und unglücklich zugleich, wenn er seine eigenen Schwächen darstellen darf. Es befriedigt ihn nicht, mit seiner Kunst nur Geld zu verdienen, er möchte konkret helfen. Deshalb finanziert er eine Krebskfinik, deshalb steht eine Fabrik in Manila, wird hart gearbeitet im Lehrstuhl für Frieden an der Universität von Utrecht: „So gibt es zig Beispiele, einfach weil ich den fast großväterlichen Stolz habe, daß ich auf ein paar konkrete Sachen zurückblicken möchte. Erst dieses Engagement gibt mir selbst das Recht, das zu tun, was ich mache.“

Herman van Veen lebt nicht nur als Sänger auf der Bühne, als Harlekin im Theater, auf seinen Platten und in seiner Zeitschrift. Die Jugendlichen, die heute in seine Konzerte gehen, kennen ihn aus dem Fernsehprogramm ihrer Kindheit. Seine Ente „Kwak“ watschelt durch die ganze Welt, gerade hat er 52 Folgen für das japanische Fernsehen geschrieben. „Es ist einfach herrlich eine Art Welt zu kreieren, die unserer DA STAUNT DER CLOWN - Cover-Kunst von „Blaue Flecken", das neue Album von Herman van Veen. (oh) Welt ähnlich ist, mit einer Ente als Hauptdarsteller, die verwundert herumwatschelt und in ihrer Verwunderung immer böser wird.“ Nur einen Text, nur eine Melodie zu schreiben und zu singen, füllt den sanften Holländer aber genauso aus, wie einen ganzen Film zu drehen. ?«

„Erwachsene halten mich für blöd“

Kinderbücher findet er besonders schön, wenn sie mehr als nur Spaß machen. Kinder könnten ^fantastisch mitfantasieren“. Er gerät ins Schwärmen. „Wenn ich einem Kind sage, siehst Du diesen Geist auf meiner Hand, dann können sich Kinder das vorstellen. Erwachsene halten mich für blöd, der ist 44 Jahre und hat einen Geist auf seiner Hand.“

Viele junge Leute von 18, 19 Jahren, die ihn bei seinen Konzerten nach Autogrammen fragen, kennen ihn nicht durch Hits in den Charts - die gibt es nicht. „Du bist doch der Depp damals von dieser Kinderserie mit dieser Mühle, mit dem langen Frackmantel“, höre er oft. Und dann erzählten die „Kids“ meist, das sei so eine merkwürdige Figur mit langen Haaren gewesen, die machte immer irgendwas, was sie nicht konnten. Und das hätten sie als Kinder sehr geliebt.

„Ich habe natürlich nur Ärger gehabt mit dem Bayerischen Rundfunk, die fanden es schön, aber sehr merkwürdig, weil alles so unbegreiflich war“, erzählt van Veen. Eine Fortsetzung seiner Kinderserie durfte er für das deutsche Fernsehen nicht mehr drehen.

„Es ist ein herrliches Gefühl, daß die Kinder; jetzt zehn Jahre später, mich noch kennen und in meine Konzerte kommen, hoffentlich bleibt das so. Aber es kommen auch sehr viele ältere Leute.“ Gelegenheit dazu ist am 17. und 18. Januar i in der Darmstädter Kongreßhalle.



(woernle)