Westfallische Nachrichten

Gleich zwei mal war der Konzertsaal ausverkauft

van Veen war großartig

9 nov 1985

Der holländische Künstler bot Perfektion mit Sympathie

Gronau/Münster. Gleich an zwei Tagen füllte Herman van Veen die Halle Münsterland bis zum letzten Platz. Das Publikum, angefangen von zweijährigen Kindern bis hin zu Rentnerpärchen, Leute verschiedenster Coleur, sie alle kamen am 31. Oktober und 1. November schon früh zur Konzerthalle, um sich die nicht gerade billig erstandenen Plätze zu sichern, und nicht eine Minute des van Veen-Konzertes zu verpassen. Gut zweieinhalb Stunden Programm erwartete das gespannt wartende Publikum.



Und gleich von Anfang an erfüllte tosende Begeisterung die Halle Münsterland, als Herman van Veen den Konzertsaal betrat. Mit Frack und Zylinder gekleidet, den Geigenkoffer lässig umgehängt, kam er den Mittelgang der Halle entlang und wurde von seinen Fans durch Zurufe und Händeschütteln begeistert empfangen. Gekonnt trug der holländische Künstler so die ihm entgegengebrachte Sympathie nach vorne auf die Bühne. Dadurch, daß Herman van Veen den Eindruck vermittelte, einer aus dem Publikum zu sein, riß der Kontakt zu seinen Zuschauern während des gesamten Konzertes nie ab.

So hatte der Clown und Poet sein Publikum „voll im Griff. Wenn er nach einer Geschichte tanzte, dann klatschten die Zuschauer im Takt, und Herman van Veen dirigierte diese Begeisterung. Wenn er Lieder sang, die zum Nachdenken anregen, dann war es still in der großen Halle. Begleitet von vier ausgezeichneten Musikern gestaltete das vielseitige Talent aus Holland ein unglaublich abwechslungsreiches Programm, in dem ein Höhepunkt den anderen jagte. Mal baladenhaft und tiefgründig, mal ulkig mit guten Pointen. Theater in unterhaltender Form, mit Themen die jederzeit interessieren, das ist das Erfolgsrezept, mit dem Herman van Veen seinen großen Erfolg aufgebaut hat.

Doch die Themen alleine wären wohl nicht Grund genug für seine Beliebtheit. Eine außergewöhnliche Ausdruckskraft und hervorragend ausgearbeitete Stük-ke sind ein weiteres Standbein seines Erfolges. Ob er nun einen aufgebrachten General spielt oder ob er ein väterliches Telefongespräch auf der Bühne bringt, ob er einen Clown mit roter Pappnase spielt oder einen herausgeflogenen Discothekenbesucher darstellt, was Herman van Veen zeigt, ist so perfekt ausgearbeitet, daß die Zuschauer zu jeder Zeit wie gebannt die Show verfolgen.

Es ist dem Holländer anzumerken, das ihm das Theater, oder besser sein Theater, Spaß macht. Mit dem offensichtlichen Willen zur Perfektion brachte Herman van Veen geradezu athletische Leistungen für sein Publikum beispielsweise bei seiner Nummer als Tennisspieler, oder auch bei witzigen Tanz- und Steppeinlagen. Sowohl sein umfangreiches Stimmvermögen, mit dem er schreiend Horrorvisionen vorführen kann oder aber liebevolle Kinderlieder singt, als auch seine klug ausgetüftelte Gestik, machten Herman van Veen und seine Show zu einem einzigartigen Erlebnis.

So war es auch kein Wunder, daß das Publikum selbst nach fünf Zugaben nicht innehielt und mit lang anhaltenden Ovationen nach weiteren Einlagen von Herman verlangte. Wie groß die Sympathie war, die Herman van Veen in Münster entgegengebracht wurde, das mag er wohl gespürt haben, als er bei einer Zugabe von der Bühne herunterkletterte und stolperte. Er wurde sanft vom Publikum aufgefangen. Wie wohl dem Künstler dieses Bad in Zuneigung tat, wurde daran ersichtlich, das Herman behaglich liegen blieb und sein Lied, umringt von um ihn sitzenden Fans, zu Ende sang.

Und das alles obwohl er, wie in einem seiner Stücke zu hören war, überall sonst, nur nicht in Münster sterben möchte.