Szeneria
Christiane Soyke

Herman van Veen mußte seine Hosen runterlassen

9. okt 1992

Ist er ein Philosoph, ein Träumer, ein Sänger, Musiker, Bühnen-Künstler? Ja. Und für viele Leute ist er auch so was wie ein Therapeut. „Ich muß bei seinen Konzerten immer weinen. Hinterher fühle ich mich dann wie erlöst. Wie macht er das nur“, so ein Fan nach dem ersten Auftritt von Her-man van Veen im Circus Krone (Kritik Seite 19). Das freilich weiß der Holländer auch nicht so genau: „Die Themen und Lieder kommen zu mir. Ich suche sie nicht.“


Für vier Tage ist Herman van Veen in München. Zwischen seinen Konzerten verbringt er die Zeit meist in seinem Hotelzimmer, liest, ruht sich aus. Nur manchmal trifft er sich auf der Tournee mit guten Freunden. Wie zum Beispiel mit Penny Mc Lean am ersten Abend im Lokal von Roy Dubowy, wo er auch mit Landsmann Harry Wijnvoord („Der Preis ist heiß“) etwas plauderte.

„Bei Roy“ wunderte sich der singende Philosoph dann, daß die Münchner spießiger und konservativer als andere Leute sind: „Wenn ich die Geschichte mit den Tampons erzähle, fliegen mir die Dinger woanders meist um die Ohren. Heu-i te' war totale Stille. Das hat mich richtig verunsuchert."

Herman van Veen ist ein Mann der leisen Töne, der zärtlichen Gefühle und der schönen Gedanken, er kann aber auch laut und provokativ sein. Zum Beispiel, wenn er auf der Bühne mit seiner Mutter telefoniert und ihr schon mal das Krematorium wär-mestens ans Herz legt. „Die Leute meinen immer, das ist zu brutal. Dabei ist meine Mutter noch viel härter als ich. Die geht mit Leben und Tod wesentlich radikaler um.“ Pause. „Ich liebe meine Eltern wirklich sehr.“

Die nachdenklichen Augen, die eindringliche Stimme - ob auf der Bühne oder im wirklichen Leben. Entziehen kann man sich Herman van Veen nicht. Er macht die Menschen betroffen. Glaubwürdigkeit nennt man das und die kommt nicht von ungefähr: „Die meisten Geschichten sind mir wirklich passiert.“

So wie das Erlebnis auf dem Frankfurter Flughafen, wo sich Herman van Veen splitternackt vor dem Zollbeamten auszie-hen mußte, weil auf seiner Geige weißer Staub war. Warum er sich nicht auf seinen Botschafter-Status berief? „Ich hab was gegen Sonderrechte, ich sage sowas lieber auf meine Art von der Bühne runter.“

Ein Glück. So erfahren wir auch von den seltsamen Abenteuern des Herman van Veen.



Christiane Soyke