Vorarlberger Nachrichten
M.F.

"Veeni, Vidi, Vici"

9 mrt 1984

Er kam, sah und siebte - Herman auch gelegentlich in Richtung totales van Veen, der vierzigjährige hollandische Sänger, Poet, Tänzer, Pantomime, Clown und „Alleskönner" erlebte am Mittwoch im praktisch ausverkauflen Bregenzer Festspielhaus einen triumphalen Erfolg. In rund drei Stunden lieferte der Vollblut-Entertainer eine multimediale Show, von der so manche Stars und Sternchen nur träumen können.


Hermann van Veen, der bisher rund 40 Platten in holländischer und deutscher Sprache herausgebracht hat, hat sich sowohl mit seinen poetisch-sanften als auch mit seinen ironischen und sozial engagierten Liedern einen eingeschworenen Fankreis ersungen.
Nur wenige Leute durften allerdings gewußt haben, daß seine Auftritte weit über den üblichen Rahmen eines Liedermacherkonzertes hinaus gehen, und nicht wenige durften von dieser geballten Ladung an optischen und akustischen Reizen überrascht worden sein.

Herman Van Veen gönnt sich und dem Publikum kaum eine Verschnaufpause, schlupft von einer Rolle in die andere, arbeitet seine Texte pantomimisch und in Form von kurzen Sketches auf und arbeitet Nebelschwaden und eines gespenstischen „Scheinwerfer-Gewitters“ eine Welluntergangsstimmung herzaubert.

Diesen Weltuntergang überlebt er übrigens durch einen beherzten Sprung in einen Kinderwagen, dem er nach einer kurzen Pause unter Glockengeläute wie der Phönix aus der Asche entsteigt.

Dies darf man übrigens durchaus als symbolhaft betrachten, gehören doch Kinder, Narren, Clowns und Verliebte - also Menschen, die noch träumen können - zu seinen erklärten Lieblingen. („Ich habe gewissermaßen eine Wäscheleine gespannt vom Traum zur Wirklichkeit“, beschreibt van Veen seine Weltanschauung, und in der Tat erscheinen nicht wenige seiner Rezepte gegen Krieg und Feindseligkeiten, Vorurteile und Kommumkationsstömngen auf den ersten Blick naiv.
Er scheint noch an die Kraft von Liebe und Humanität angesichts der existentiellen Gegenwartsprobleme zu glauben, - so einfach und so schwierig ist das für einen Träumer.

Doch van Veen ist nicht nur tiefsinnig und hintergründig, er bringt auch komische Nummern und bloßes Spektakel, hat als unbeholfener Zauberer, rockige Elvis-Imitation, Disko-Transvestit oder als Steptänzer in klobigen holländischen Holzschuhen die Lacher natürlich auf seiner Seite. Nicht selten blitzt auch so etwas wie Selbstironie auf, was das Abgleiten der perfekten Show in Roytine zu verhindern hilft.

Ganz zum Schluß singt er noch seine großen Hits „Ich hab'ein zärtliches Gefühl", „Hand in Hand" und -als allerletzte Zugabe vor bereits halbleerem Saal - den „Kleinen Fratz“ sozusagen als Abschiedsgeschenk für die begeisterten Fans. All jene, die ihn am Mittwoch nicht sehen konnten, dürfen sich übrigens auf ein geplantes Wiederholungskonzert Ende April freuen.



M.F.