Goslarische Zeitung
Harry Luck

Explodierende Stille

Tourneeauftakt: Ein Gespräch mit Herman van Veen

9 jan 1998

Drei Jahre lang war Herman van Veen von der Bildfläche verschwunden. Jetzt ist er wieder da. Seine neue CD "Nachbar" ist seit wenigen Wochen zu kaufen. Und mit seinem gleichnamigen Programm meldet er sich auch live wieder zurück. Mehr als hundert Konzerttermine stehen am Tourneeplan, einer auch für Braunschweig - am 14. Januar in der Stadthalle.


Zum Start der Tour mußte der Holländer erstmal wieder richtig Deutsch lernen. "Es dauert eine ganze Weile, bis die deutsche Sprache mir wieder in Fleisch und Blut übergegangen ist", sagt der 52jährige im Gespräch mit unserer Zeitung und bekräftigt: "Deutsch ist eine der schönsten Sprachen, um zu singen." Er ist heute ein anderer Herman van Veen. Die Musik ist ruhiger und stiller geworden. Keyboards, Schlagzeug und Synthesizer hat er vor Jahren von der Bühne verbannt. "Damals hat der Stand der Technik bestimmt, wie unsere Musik klingt. Heute will ich das selbst bestimmen."

Dennoch gibt er - begleitet von Nard Rijnders (Saxophon) und Eric van der Wurff (Klavier) - wahrlich kein Kammerkonzert. "Bei uns explodiert die Stille. Das ist eine Wahnsinnspo wer - nicht von technischen Geräten, sondern von drei alten Herren."

Und so fühlt sich Herman van Veen auch in der Schublade "Liedermacher" überhaupt nicht wohl. "Ich bin ein Clown - der singt, tanzt und Musik macht. Manchmal der dumme August, manchmal der weise Mann." Besorgtheit aber gehört zu seinen Triebfedern. Ein Jahr vor dem tödlichen Unfall von Prinzessin Diana textete er in einem Lied: "Keiner wird es glauben, Prinzessin Qi stirbt." "Ich schrieb dieses Lied nach zahlreichen Veröffentlichungen in der französischen Klatschpresse", erinnert sich van Veen, "und wollte die unvermeidliche Tragik ausdrücken." Musikalisch hat er ein Stadium erreicht, in dem er sich selbst für annähernd perfekt hält. "Früher habe ich immer ein Bild davon gehabt, wie ich als Künstler einmal sein wollte. Heute habe ich oft das Gefühl, daß ich das nun bin." Er kann das sagen, ohne daß es überheblich klingt.

Vor kurzem veröffentlichte van Veen sogar eine Schubert-CD. Fünfzehn klassische Lieder singt er dort.
Eins davon, "Du bist die Ruh'", ist auch das Schlußstück seiner Show. "Wenn ich dieses Schubert-Lied auf der Bühne singe, bin ich der glücklichste Mensch im Saal", sagt van Veen, und seine blauen Augen glänzen noch etwas mehr als sonst.



Harry Luck