Frankfurter Allgemeine
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Narr aus Neigung

Hermann van Veen in der Alten Oper

8 dez 1984

Er ist ein Troubadour der kleinen Träume, eine Mischung aus Clown, Liedermacher und Pantomime, der sich in der Kunst des Staunens übt. Hermann van Veen, heute neununddreißig-jähriger Abkömmling eines Graphikers aus Utrecht, zeichnet den Alltag nicht Grau in Grau, sondern in deh Farben des Regenbogens. Ein bißchen spielt er auch die Rolle des fahrenden Musikanten: heute hier, morgen dort, aber überall am rechten Ort.


Seine Konzerte changieren zwischen Liederabend und Tanztheater: Van Veen ist ein selbsternannter Alleskönner, der durch die naiven Fragen seines Liedguts und die hilflos wirkenden Antworten ein wenig einem niederländischen Udo Jürgens gleicht.
Nicht zufällig ist die Vokabel „schön“ das Hauptargument seines Bühnenvortrags. Ob in der skeptischen Zukunftsvision „Die Bombe fällt nie“ oder der gefühlsverklärten Hommage an Edith Piaf, der holländische „Harlekijn“ — so der Name seiner Multi-Media-Vertriebsgesellschaft — zielt immer exakt aufs Allgemeinmenschliche. Das weiche Vibrato seiner Stimme gibt bereitwillig Orientierungshilfen:
„Beziehungskisten“ werden aufgeräumt, der Traum vom Frieden ausgeträumt und falsche Propheten und solche, „die ihr Mäntelchen nach den Wind hängen“, werden gnadenlos entlarvt.

Gewiß ist van Veen ein hervorragender Tänzer, gewiß hat seine Stimme den nötigen Tiefgang, auch seine Verkleidungen vom Bräutigam bis zur Hausfrau sind nicht schlecht, doch wer schreibt dem Mann die deutschen Texte. Die wirken nun allesamt recht betulich, vor allem wenn sie auf Endreim konstruiert sind wie im Song „Signale“, zugleich Motto der Tournee: „Die Liebenden, die durch Apartheidswahn sich erst im Gefängnis wiedersahn, sie zahlten einen hohen Preis, das haben sie nun schwarz auf weiß.“

Es wimmelt in den Liedern nur so von schiefen Bildern, die leider von van Veen dwreh seine Bühnendramaturgie nicht geradegerückt wurden. Hinzu kommt, daß sein holländischer Dialekt bestimmten sensiblen Metaphern auch nicht gerade leichtfüßig auf die Sprünge hilft.
Die roten und weißen Luftballons, die Wolken aus Papierschnitzeln, all dieser sentimentale Schnickschnack ließ seine Schwermut zur Schwerstarbeit werden. Zumal die melancholischen Balladen in fast allen Fällen durch entsprechende Sketche verdoppelt werden.
Häufig trägt er dann zu dick auf, etwa in dem Sketch über „the matter of .Gleichgewicht“1: Wer hätte gedacht, daß anschließend mit Donner und Doria ein Atombombenabwurf simuliert würde! Solche Späßchen wurden auch dadurch nicht lustiger, daß van Veen sich eine rote Clownsnase aufgesetzt hatte.

In der Alten Oper fiel es ihm jedenfalls schwer, den unverbrauchten Humor von Kindern auch entsprechend leicht unter das Publikum zu bringen.



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