Schaumburger Zeitung
Thorsten Sienk

Künstler, Clown und Komiker

Hermann von Veens wandelbarer Auftritt in Beverungens Stadthalle

8 okt 1988

BEVERUNGEN. Mit verbundenen Augen betritt er die Bühne. Seine Hände tasten die Gesichter der Besucher in der ersten Reihe ab. Der holländische Musiker Hermann van Veen war am 5. und 6. Oktober in der Stadthalle Beverungen.


Wer versucht, Hermann van Veen in eine vorgefertigte Schublade zu stecken, wird Probleme haben. Auch in Beverungen zeigte er sich wieder in vielen Gewändern. Da trägt er zu Beginn des Konzerts einen schwarzen Frack mit einer weißen Blume am Revers und witzelt über die deutsche Sprache: „Deutsch ist Holländisch mit einem ganz merkwürdigen Akzent. Wie, wenn Opa besoffen ist."

Nur wenige Minuten später setzt er seinen Hut mit dem markanten Schellenring auf, greift zur Gitarre und singt Lieder aus dem persönlichen Leben: „Die Tage sind niemals lang genug, und du kommst wieder nicht dazu, dich auszuruhen."

Kaugummi kauend mimt er den coolen Rock-'n'-Roller, wird zu einem Schauspieler. Das Scheinwerferlicht spiegelt sich auf der Billardkugelstirn des schütterblonden Lulatsch. Er fegt und tanzt über die Bühne, stellt die Show der Pop- und Rockstars dar und gibt sie der Lächerlichkeit preis.
„Auf der Erde wuchert ein Geschwür, doch das ist weit weg von meiner Tür", ein Auszug aus einem Song von einem ganz anderen Hermann van Veen. Da greift er Mißstände der Gesellschaft auf, verwandelt sich zu einem melancholischen Zauberer.

Doch der Holländer kann auch Clown sein. Wird mit der roten Nase und dem schwarzweiß karierten Umhang allerdings nicht zum Komiker der Zirkusarena, sondern eher Kind, das die Kälte auf den Straßen noch nicht kennt und Wärme und Liebe sucht.
Gleich im Anschluß entledigt er sich seiner Hose und seines Jackets, schnappt sich eine alte weiße Turnshorts und wird zu einem Tennisspieler, ein kaputtes Racket in der Hand.

Das Publikum ist von seiner Show begeistert, bei der auch der Sound stimmt. Die Begleitung der drei weiteren Musiker auf der Bühne stimmt genau mit van Veens Set überein. Unstimmigkeiten gab es nicht.

Doch er nahm als Dirigent des Publikumsbeifalls auch die Zuschauer auf den Arm.



Thorsten Sienk