Bielefelder Tageblatt

Ein zärtliches Gefühl für Sein Publikum

Herman van Veen in Bielefelds Oetkerhalle

8 okt 1979

Vogelgezwitscher durchweht die Oetkerhalle. Herman van Veen kommt mit der Pauke, an der lässig zwei Boxhandschuhe baumeln. Blau wie seine Auftrittskluft, bequemer Schlabberlook zum Auftakt seiner Deutschland tournee. Sofort hat der Entertainer aus Utrecht, seine Zuschauer im Griff und läßt sie einen langen und doch so kurzen Abend lang nicht mehr los.


Im Publikum vorwiegend junge, ganz junge Leute, die wissen, was sie von dem da oben zu erwarten haben. Der ist ehrlich, jeder versteht, was er sagt, singt und spielt. Seine Sprache ist unverstellt, redet um kein Problem und keinen heißen Brei herum. ,,lch kahn nur von mir selber reden, denn darin bin ich Experte", hat er mal gesagt, und damit trifft er haargenau den Ton von heute: empfindsam, derb, heiter, witzig, nie zweideutig oder verletzend.
Er ist komisch und laut, leise und horcht nach innen. Er drückt mit einer Geste seiner Hand mehr aus als viele Worte je umschreiben könnten.

Herman van Veen - was ist er eigentlich? Oder anders gefragt: Was ist er eigentlich nicht? Er ist Musiker, Dichter, Erzähler, Sänger, Clown, Pantomime. Ein Komödiant, wie er in keinem Buche steht. Und ein Kumpel, der jeden meint.

Der jeden anspricht. Die Direktheit und Unbestechlichkeit der Holländer - sie ist wohl seine größte Kraft und Stärke. Dem leisen, einfühlsamen Herman van Veen folgt der überschäumende Schalk.

Bei ihm lacht man in fünf Minuten mehr als bei manchem Showmacher einen ganzen Abend nicht. Dann wieder umschmeichelt er sein Publikum mit seinen zärtlichen Texten, die wohlig unter die Haut gehen, und selbst mit dem Dank für den wohlverdienten Applaus treibt er seinen Schabernack, der einem die Tränen in die Augen treibt.

Zum Schluß, eine Stunde vor Mitternacht, will niemand ihn gehen lassen.

Wunder was, Herman van Veen.