Abendzeitung Munchen
Sabine Köstler

Alfred J. Kwak - der neueste Hit von van Veen

8. september 1990

' Eine Ente setzt zum Höhenflug an - und legt goldene Eier


Er ist eine Mischung zwischen Biene Maja und Don Quichotte. Seine Heimat ist Großwasserland, und von dort zog er aus, die Welt zu erobern. Alfred J. Kwaks erste Watschelversuche in Deutschland sind heute nachmittag zu begutachten. Mit Alfred kommt nicht nur eine sehr sozial eingestellte Ente auf uns zu, sondern eine Comicfigur der Extraklasse. Dafür garantiert schon der Name seines geistigen Vaters: Herman van Veen.

Wie wird eine Ente zum Fernsehstar? Die Auflösung dieser Frage ist heute um 16.30 Uhr in der gleichnamigen ZDF-Sendung zu erfahren. Sie soll einen ersten Vorgeschmack auf Weltverbesserer Alfred und seine tierischen Freunde geben, am 13. Oktober wird er mit zunächst 26 Folgen endgültig flügge.

Herman van Veen hatte die Idee zu dieser Figur, die einerseits spannende Unterhaltung, andererseits eine moralische Botschaft vermitteln soll. ,Er schrieb auch die Drehbücher und überwachte die Verfilmung bis ins Detail. Alfred J. Kwak wurde eine der aufwendigsten Zeichentrickproduktionen, die jemals in Europa hergestellt worden ist.

Zeichner sind die Deutschen Harald Siepermann und Hans Bacher, die schon an der Dis-ney-Produktion „Falsches Spiel mit Roger Rabbit“ mitwirkten. Van Veen selbst synchronisiert, schrieb und singt Erkennungsmelodie und Begleitmusik der Serie. Ulla Meinecke, Heinz-Rudolf Kunze und der Schauspieler Heinz-Werner Kraehkamp liehen in Abenteuer Nummer 20 Kwaks Freunden ihre Stimme, der Erlös dieser Folge soll an Unicef gehen.

Die Qualität der Serie, an der zwei Jahre lang gearbeitet wurde, läßt vermuten, daß Kwak in Deutschland weich landen wird und keine Federn lassen muß. Er steht schon vor dem Serienstart fest auf beiden Beinen. Über 60 Lizenznehmer sicherten sich ein Stück vom großen Verkaufskuchen der Münchner Merchandising-GmbH „EM-Entertainment“.

In wenigen Wochen wird Alfreds Konterfei auf Singbüchern und Socken, Fruchtjoghurt und Fußbällen, Grußkarten und Gartenzwergen, Radiergummis und Regen-schirmen-zu sehen, seine Stimme auf Muzik- und Hörspielkassetten, Videos und Soundtracks zu hören sein. Mehr als 500 Produkte kommen auf den Markt.
Entertainment-Geschäftsführer Thomas Haffa ist zufrieden: „Ein gigantisches Geschäft. Schon im Vorfeld haben wir eine Garantiesumme von über zehn Millionen Mark erwirtschaftet.“ Zehn Prozent Lizenzgebühr für jedes Produkt bleiben bei „Entertainment“ hängen. Haffa rechnet damit, daß Kwak sich sehr lange über Wasser halten wird, „denn die Qualität der Serie spiegelt sich in den Produkten wider“. Obwohl es anfangs Schwierigkeiten gab, die der Ente fast den Hals gekostet hätten.

Da beim Zeichnen auf die Hilfe von Computern völlig verzichtet wurde, die Charaktere nicht verfremdet sind, blieb nicht aus, daß Alfred wirklich wie eine Ente aussieht. Und auf den ersten Blick seinem „großen Bruder“ Donald Duck ähnelt. Für Disney ein Grund, gegen einen „Entertainment“-Prospekt einstweilige Verfügung zu beantragen. Das Gericht ließ sich jedoch davon überzeugen, daß AJ. und D.D. völlig verschiedene Charaktere sind und der Verwandtschaftsgrad sich lediglich auf die gemeinsame Schnatter-Spezies beschränkt.

Auf eines werden wir zwar verzichten müssen: Alfred J. Kwak im Matrosenoutfit. Aber sein Standard-Anzug, ein knallroter Schlabber-Schal, paßt sowieso besser zu ihm. Denn das J. in seinem Namen steht für Jodocus.

Was im Holländischen so viel bedeutet wie: Clown.



Sabine Köstler