Duisburger Stadtanzeiger

Ein Clown zwingt seine Zuhörer zum Nachdenken

Ernste Gedanken in Satire verpackt

8 jan 1986

„Mit 40 soll man in sich gehen - und ja nicht wieder zurückkehren“, besagt ein holländisches Sprichwort. Herman van Veen hält sich Gott sei Dank nur an die erste Anweisung. Das Multitalent geht in sich, macht sich über die meisten Dinge des Lebens seine ureigenen Gedanken und kehrt dann mit seiner typischen Weltanschauung zurück. Ihm gelingt es beinahe spielerisch, ernste Gedanken in Satire und Clownerien zu verpacken. Doch nichts wirkt platt, nichts bewegt sich am blutleeren Rand des Geschehens. Was der Holländer anbietet, beinhaltet unendlich viel Tiefgang. Und weil seine Zuschauer und Zuhörer danach geradezu lechzen, steht Duisburg gleich dreimal auf van Veens Tourneeplan. Morgen (20 Uhr) besteht zum letztenmal in der Mercatorhalle die Gelegenheit, den begnadeten Entertainer zu studieren.


Die ganz große Stärke des heute 40jährigen Künstlers ist weiterhin seine schier verblüffende Vielfalt. Er ist Sänger, er ist Tänzer, er ist Musiker. Zwar drosselt van Veen seine eigenen Fähigkeiten, immerhin gelingt es ihm ständig, aus lauter „Nicht-Taienlen“ eine komische, tempogeladene, ja anrührende Bühnenshow auf die Beine zu stellen. Mal leise, mal laut, immer trifft er den Nagel auf den Kopf- ohne dabei einen „Hammer“ benutzen zu müssen.

Van Veen kann unsagbar traurig und unendlich komisch sein. Alter. Liebe. Die Unfähigkeit, Gefühle zu artikulieren. Das sind nur einige seiner Programmpunkte. Beinahe jedes Thema packt er an, hütet sich aber stets davor, plump oder gar verletzend zu sein. In allerbester Clown-Tradition zwingt er die Menschen über die Komik zum Nachdenken.

Van Veen macht sich in seinem Programm „Een Holländer“ über vieles lustig. Er nimmt die Profitennisspieler in lustig-lauter Slapstick-Manier -auch er kann an Boris Becker nicht vorbei - ebenso auf die Schippe wie Berufsboxer oder aber Discotheken-Gehabe. Auch da sitzt die Pointe: zwar begehrt er schließlich mit umgeknoteter Krawatte Einlaß, doch dann ist dem Türmensch die Glatze des Anklopfenden ein Dorn im Auge.

Mit seinen einfühlsamen Liedern setzt van Veen den Kontrapunkt.
In ihnen besingt er schwierige Gefühle oder aber die Armen, die in dieser Welt immer ärmer werden. Genau das richtige Thema für einen, der sich „im zivilen Leben" engagiert für Entwicklungshilfe einsetzt.