Holsteinischer Courier


Mit Geld kann man nichts Wesenliches kaufen

7 apr 1984

Hermann van Veen, dessen Konzerte in der Bundesrepublik stets ausverkauft sind, schreibt nicht nur nachdenkliche Lieder und produziert Er- folgs-LP's/(die letzte heißt "Signale"), er kümmert sich auch um die Entwicklungshilfe.


Frage: 1977 gründeten Sie mit Freunden die Stiftung Colombine, die Entwicklungshilfe leistet. Was ist daraus geworden?
van Veen: Diese Arbeit ist für mich sehr wichtig. Wir haben jetzt in Manila mit 150 trauen einen kooperativen Verein gegründet. Die Frauen sind hier von den Männern unabhängig, haben eine kleine Fabrik, eine Klinik, Kinderstube, einen Raum für Behinderte und eine Schule. Darauf bin ich sehr stolz.

Frage: Was produziert diese Fabrik?
van Veen: Stoffe, Kleider, T-Shirts und dergleichen mehr. In Europa suchen wir für die Erzeugnisse Absatzmöglichkeiten.

Frage: Wie werden diese Frauen unterstützt?

van Veen: Wir geben Konzerte und veröffentlichen Bücher. Soundsoviel Prozent der Einnahmen gehen dann nach Manila. Um das Ganze aktiv zu betreiben, sind dreihundert- bis fünfhunderttausend Mark pro Jahr notwendig. Im Laufe der Zeit wird es weniger werden, da man sich dort eines Tages selber helfen kann.

Frage: Angenommen, Sie dürften Ihren Kindern nur einen Satz vermachen. Was würden Sie schreiben?
van Veen: Einen Satz? Ich liebe Euch. Das ist der einzige Satz. Wenn ich tot sein werde, gibt es nichts zu verteilen. Hoffentlich ein paar schöne Gedanken, aber keinen Teppich und andere Dinge. Ich hoffe auch, daß ich den Kindern klar machen kann, was ich selber erlebt habe: Mit Geld kann man nichts Wesentliches kaufen. Abgesehen von Nahrungsmitteln natürlich.

Frage: Sie schreiben Ihre Musik, Ihre Texte selbst. Schreiben Sie auch für andere?
van Veen: Ja. Ich habe vier Theaterstücke geschrieben. Dann schreibe ich Kindergeschichten, die ihr eigenes Leben entwickeln. In Holland habe ich eine Geschichte über eine Ente geschrieben, Alfred Jodokus Quack. Ich habe nicht gedacht, daß diese Geschichte so gut gehen würde.

Frage: Ihre Konzerte sind stets praktisch ausverkauft, und im Herbst geht's dann hier bei uns weiter. War- um, glauben Sie, kommen so viele Leute in Ihre Konzerte?
van Veen: Ich glaube, daß die Leute kommen, weil sie etwas sehen oder mitmachen wollen, was sich mit dem beschäftigt, was sie denken. Nicht mehr raus aus, sondern rein in. Früher wollte man am Samstagabend mal raus. Jetzt ist es nicht mehr so, weil wir große Probleme haben, an denen wir weiter arbeiten wollen.

Frage: Sind Waffen das große Problem?
van Veen: Nicht die Waffen, sondern vielmehr die Unmenschlichkeit der Technologie, die auch hinter diesen Waffen steckt. Die Toten fallen heute ja auch in der Stille, zum Beispiel in der Sahelzone. Das ist Krieg. Und solange sogenannte zivilisierte Leute mit Knowledge und Knowhow von den zehn Mark, die sie ausgeben, acht für Rüstung verwenden, sind wir weit entfernt von einer Zivilisation. Man braucht sich ja nur einmal in der Dritten Welt umzusehen. Wenn man da aus dem Flugzeug steigt, fühlt man sich nicht gut. Das darf man nie vergessen. Meine Großmutter hat immer gesagt, ein Totenhemd hat keine Ta schen ...