BOTTROPER VOLKSZEITUNG
PETRA VENNEBUSCH

Eulenspiegel Herman van Veen spielt mit Boris-Pantomime alle an die Wand

7. Februar 1990

Gebündelte Energie, Späße und Besinnliches schleuderte Herman van Veen vergangene Woche in der ausverkauften Hagener Stadthalle seinem Publikum entgegen.


Der Allround-Künstler gleicht einen Pulverfaß kurz vor der Exlosion. Er ist Zauberer, Clown, Kabarettist, Akrobat und Musiker in einem. So zielte denn auch das Programm „Bis hierher und weiter“ darauf ab, die eingeschworenen Fans zu verzaubern und zu amüsieren.

Immerwieder stürmte er auf der Bühne zu Erik van der Wurff, dem er 1963 auf dem Ut-rechter Konservatorium zum ersten Mal begegnete. Der Pianist lieferte mit Nard Reijnders am Saxophon und Gitarrist Cee van der Laarse die Musik zu van Veens poetischen und satirischen Texten.
Ob er als Papa für sein Töch-terchen „Anne“ sang oder Kritisches wie „Es war Krieg“ und „Hemdchen“, der Virtuose war stets darauf bedacht, durch Bewegung und Mimik die Besucher zum Lachen zu bringen. Wortspielereien und griffige Texte, die teilweise aus der Feder von Heinz Rudolf Kunze stammen wie „Der Tag ist wie ein Griff ins Klo“ oder „Wölfe und Vampire“, plätteten förmlich die Besucher durch ihren Witz und Humor.

Die Kreativität des Holländers kannte offensichtlich keine Grenzen. Daß er durchaus den Charme eines amerikanischen Popsängers verkörpern kann, bewies er mit „You' re so nice“. Hüftenschwingend und wild trippelnd parodierte er die Liebesbeteuerungen eines Stars an seine Fans. „Der Romantiker mit dem Zauberstab“ wie Heinz Rudolf Kunze ihn nannte, brachte mit Zaubernummern Varietestimmung in den ausverkauften Saal.

Virtuose Herman van Veen verzaubert mit sinnreichen Texten und stimmiger Musik.
Nach der Pause sang Herman van Veen spielerisch über die Liebe, tanzte nach Rachmaninoff und fiedelte selbst. Höhepunkt und Abschluß des Programms war eine selten gute Pantomine eines bekannten Tennisspielers. Glaubte das Publikum bereits Herman lege einen heißen Strip hin (so sah es auch aus), wechselte er seine langen Hosen nur gegen dezente Tennisshorts. Fluchend, den Schiedsrichter abkanzelnd und speiend mimte er „den“ Boris schlechthin. Eine Bewegungsstudie mit unvergleichlichen Verrenkungen in Zeitlupe haute die Menge von den Stühlen.

Die Erschöpung stand ihm im Gesicht geschrieben, dennoch ließ er sich unter dem Beifall der tobenden Fans mehrmals auf die Bühne zurückrufen und sang bekannte Lieder wie „Ich hab’ ein zärtliches Gefühl“ und neue Kompositionen, die er noch vom Blatt ablesen mußte.
„Bis hierher und nicht weiter“ wird er sich dann wohl gedacht haben, als er sich endgültig verabschiedete.



PETRA VENNEBUSCH