DIEPHOLZER KREISBLATT ZUM SONNTAG
SABINE LUERS

Poetisch und unheimlich witzig:
Der Clown Herman van Veen

Holländischer Allroundkünstler gastiert in der Bremer „Glocke”

7. Januar 1989

Bremen. Er ist ein Traumtänzer und Poet, ein Clown und Entertainer. Der Holländer Herman van Veen ist mit seinen 43 Jahren, nach mehr als zwei Jahrzehnten auf der Bühne, nicht müde geworden. Am Donnerstagabend verzauberte er sein Publikum in ausverkauften Haus der Bremer „Glocke”.


„Bis hierher und weiter” heißt die Mischung aus Konzert, Kleinkunst, Parodie und Magie. Hat Herman die Zuschauer gerade poetisch eingestimmt, nimmt er sie gleich wieder auf den Arm; man darf dem Schalk nicht ganz trauen. Er imitiert Boris Becker, telefoniert mit seiner Familie, führt einen gekonnten Striptease vor. Appelle an die Fantasie, an die Liebe zu den Menschen sind seine Themen. Aber er singt auch von der Angst vor dem Leben und packt damit die Zuhörer. „Es liegt nicht an der Gegend, es liegt an dir”, mit dieser Botschaft macht er wieder Hoffnung.

Der Holländer hat neben seiner neunköpfigen Crew noch einige „Mitspieler” mitgebracht: Eine Handpuppe, die den gleichen schwarz-weiß karierten Harlekinanzug trägt wie er, ein schwarzes Monster mit riesigen Klauen und roten Augen, eine überlebensgroßes Biene, die unter der Decke schwebt. Makabres Spiel: Herman beweint seinen eigenen Tod, tanzt mit einem Knochenmann Walzer in seinem Sarg.

Herman van Veen ist ein Allroundkünstler. Mehr als 70 Langspielplatten hat er aufgenommen, Ballett- und Filmusik komponiert, Filme inszeniert, Theater gespielt und Bücher geschrieben. Sein Engagement gilt den Kindern als ehrenamtlicher Botschafter von UNICEF. In der „Glocke” gehört auch die „Ente Kwak" zum Programm, „für alle großen Kinder, die heute abend hier sind”. Mit kindlicher Fantasie spielt er mit Worten und Lauten, die auf den ersten Blick keinen Zusammenhang haben. Sie projezieren einfach Bilder in die Köpfe des Publikums hinein.

Auch seine alten Lieder wie „Kleiner Fratz” und „Ich hab ein zärtliches Gefühl” fehlen nicht. Das Publikum applaudiert begeistert bei den ersten Tönen, singt mit - Herman hat es voll im Griff. Wenn er sagt „Hinsetzen”, dann nimmt alles artig wieder Platz. Er klettert auf den Stuhllehnen in die Menge hinein, setzt sich zwischen die Zuhörer und applaudiert mit. Ein Künstler zum Anfassen, der immer den Kontakt zum Publikum hält.

Als der Beifall ihn nach fünf Zugaben noch immer nicht von der Bühne läßt, intoniert er einen Abschlußgesang: „Liebe Bremer, es wird doch viel zu spät” - alles lacht, die Uhrzeit interessiert an diesem Abend niemanden. Herman vertröstet sie: „Morgen bin ich um 20 Uhr wieder hier”, singt er.

Wer ihn erleben möchte, hat dazu heute und morgen abend noch Gelegenheit.



SABINE LUERS