Ausburger Allgemeine
Fritz Werner Haver

In die Seele schauen

6. Mai 1989

„Ich erfahre es als ganz phantastisch, daß ich in diesem Land so willkommen bin. Ich will nicht sagen, daß mich das verpflichtet - aber ich finde es einfach sehr schön.“ Herman van Veen - Clown, Liedermacher, Sänger, Musiker, Spaßmacher, Schauspieler -tritt seit Jahren auch bei uns in ausverkauften Hallen auf. Durch seine Offenheit greift der Allroundkünstler „dem Publikum in die Seele“, wie er es selbst nennt; und im persönlichen Gespräch wirkt Herman van Veen kaum anders als auf der Bühne. Am Mittwoch, 10. Mai, und Donnerstag, 11. Mai, gastiert er mit seinem Programm „Bis Hierher und Weiter“ in der Augsburger Kongreßhalle (jeweils 20 Uhr).


Was ist das Erfolgsgeheimnis dieses niederländischen Weltstars, der auf dem berühmten Konservatorium in Utrecht Musik studierte? „Es mag daran liegen,,daß ich meinen Beruf sehr mag. Eine Uberlebensstrategie - eine phantastische Möglichkeit, viele Sachen, die ich nicht kapiere, loszuwerden. Und der Spaß und das Glück, das wir dabei empfinden, wird dem Publikum vermittelt.“

Wenn Herman van Veen in Deutschland auftritt, singt und spricht er deutsch. „Ich singe wahnsinnig gerne auf deutsch. Diese Sprache ist für meinen Gesang am sanftesten; und meine Stimme wirkt in deutsch auch viel sanfter als in anderen Sprachen.“ Sein Erfolg bei uns hat auch „sehr viel“ damit zu tun, daß sein Programm in der Landessprache läuft. Dieser engagierte Künstler mit seiner engen Beziehung zu unserem Land fühlt hier oft noch die Schatten der Vergangenheit: „Ich weiß nicht, was es ist. Aber die Vergangenheit ist eine absolute, ausgesprochene Realität.“

Ein Konzertabend mit ihm ist ein Wechselbad der Gefühle. Plötzlich wird aus reiner Alberei tiefer Ernst, dann löst sich dieser wieder in Leichtigkeit. Obwohl er auf seine Freiheit als Künstler pocht, hat Herman van Veen ein reges Gewissen für die Probleme unserer Welt. „Was mich am meisten beschäftigt, ist die Frage, was für eine Welt ich meinen Enkeln hinterlasse. Ein Ozonproblem, eine total zerstörte Natur, die Rüstungsidiotie.
Das sind alles schon Klischees, aber trotzdem Wirklichkeit. Ich kann vielleicht meinem Enkelkind sagen: ,Da war einmal ein Baum, und der sah so und so aus.“ Und das Kind sagt dann: ,Du spinnst, Alter. Es gibt nur Laternen, die atmen.*“

Die „grenzenlose Phantasie“ der Kinder hat den vierfachen Vater schon immer fasziniert. Er hat Kinderbücher geschrieben, Sendungen und Filme gemacht: „Wenn ich für Kinder arbeite, fühle ich mich gut. Nicht als Pädagoge - ich mach eher Sachen, die die Kinder und ich nicht kapieren. Bei Kindern kann ich einfach sagen: ,Du, hast du auf meiner Hand diesen Elefanten gesehen?* Und dann sagt das Kind: ,Du, der ist groß.* Ein Kind macht sofort mit; ein Erwachsener sagt:

,Der ist beknackt!*“



Fritz Werner Haver