Oberösterr. Tagblatt
Erna Spreitzer

Hermann van Veen ließ das Publikum tanzen

" ....und jetzt bist du wie sie“

6 mrt 1984

Scheu, an Schlitzohr, an Liebe steckt. In diesen hellen, beinahe durchscheinend blauen Augen wird der Suchende spürbar, jener Mann, der in den Räumen zwischen dem Sekundenpulsschlag der Zeit nach dem Sinn des Lebens sucht - Hermann van Veen.


Seine „Signale“-Tour '85 ist keine leichte Kost, seine Aussagen in Wort, Tanz, Pantomime und Tönen tun oft weh, weil sie so schmerzhaft zielsicher den wunden Punkt in der Seele treffen, weil sie aufschrecken lassen aus dem Streßschlaf des Alltags.
Manche im Publikum tun sich schwer, eine Verbindung zu finden zwischen dem Mann auf der Bühne, der sich fast drei Stunden lang verausgabt für all die fremdem man siegen darf, ist messerscharfer Karikaturist, dessen Offenheit man böse sein will, ist verzweifelter, arbeitsloser Gastarbeiter, der den hingeworfenen Strick so unnachahmlich aufhebt, daß man ganz still und verschämt mit ihm zu weinen beginnt.

Er läßt das Publikum tanzen, badet in der Emotionswoge, die ihm entgegenströmt, ist bei der 40minütigen Zugabe, die das Publikum begeistert klatschend ertrotzt, mitten unter den Fans -und doch immer weit weg.
Ein Mann - bruchgefährdet wie der riesige Luftballon, der drei Stunden über die Bühne wandert und hart wie die knöchernen Töne, die er aufs Piano hämmert -

Hermann van Veen.



Erna Spreitzer