Fittelbayerische Zeitung
Thomas Emmerig

Van Veen: "Vollkommen wehrlos"

van Veen war zu Gast im Auditorium maximum der Universität Regensburg

6 feb 1984

"Die Nachricht warf mich aus dem Gleis,
mir zittern noch vor Schreck die Knie,
soeben las ich schwarz auf-weiß:
die Bombe fällt nie.
Hat das nicht schlimme Konsequenzen?
Die Zukunft hatte bislang Grenzen.
Doch wenn man wieder planen kann,
was fängt man mit der Zukunft an?"





Herman van Veen, Botschafter einer Idee, Harlekin und Unterhaltungskünstler weit oberhalb aller Schubladen, war zu Gast im Audimax der Universität Regensburg. "Was fängt man mit der Zukunft an?" Er sang es auf jene leise Art, auf jene typische Art des Herman van Veen, der "ohne Edith Piaf sicher' nicht Sänger geworden wäre".
"Was fängt man mit der Zukunft an?" Wir brauchen ein Signal, damit es endlich wieder eine Möglichkeit zur Orientierung gibt. "Signale" ist der Titel des neuen Programms des Herman van Veen:
"Gebt jetzt ein Zeichen, ein Signal, daß Beharrlichkeit zum Ziele führt, und daß ihr Schicksal uns berührt." Lächeln, Liebe und Musik - sie machen die Lösung aus, wie Herman van Veen sie sieht: Lächeln auf der Grundlage des "Du und ich Hand in Hand", "vollkommen wehrlose" Liebe - "Ich hab ein zärtliches Gefühl (...) für jeden Menschen, der (...) vollkommen wehrlos lieben kann" - und Musik als ein umfassendes Klingen, das die Welt erfüllt und schützt.

Herman van Veen steht gewissermaßen auf jener Leiter, die "sich mit ihrem fast unsichtbaren Fuß auf einer fernen Erde verlor" und "in einer endlosen Reihe die Wolken und das Blau des Himmels durchstieß und gerade an den Mond hinanführte". Er strebt offenbar danach, jenes Stadium zu erreichen, das Henry Miller - in "Das Lächeln am Fuße der Leiter" - so beschrieb: "Nichts ist unwichtig. Nichts! Statt Gelächter und Applaus empfängst du Lächeln. Ein kleines, zufriedenes Lächeln - das ist alles. Aber es ist auch wirklich alles ... mehr als du verlangen kannst. Du verrichtest die Dreckarbeit und nimmst sie den anderen von der Schulter. Das macht sie glücklich."
Erfolgreich und mit faszinierender Virtuosität arbeitet Herman van Veen darauf hin. Eines Tages aber wird er - wie Millers Clown - merken, "daß er unfähig war, seine Kenntnis einer anderen Welt einer Welt jenseits Unwissenheit und Vergänglichkeit, jenseits von Lachen und Weinen, den andern mitzuteilen. Diese Grenze war es, die den Clown aus ihm machte."

Bis es aber so weit kommt, wird man sich immer wieder gerne von ihm begeistern lassen und von seinen virtuosen Musikern Erik van der Wurff, Klavier, Nard Reijnders, Saxophon, Chris Lookers, Gitarre, und Cees van der Laarse, Baß.



Thomas Emmerig