Aachener Volkszeitung
HANNS MANHARDT

Herman van Veen - Ansichten eines Harlekins

5 mrz 1986

Aachen. — Die Stimme am anderen Ende des Drahtes kommt aus einem Hamburger Hotelzimmer. Der unüberhörbare niederländische Rachenakzent bestätigt: Ja, wir haben ihn, pünktlich zur Interview-Ab rede, an der Strippe: Hermann van Veen.


Am 18. und 19 März macht der „Fliegende Holländer“, der seit Herbst vergangenen Jahres ohne Pause auf Tournee ist, im Aachener Eurogress Station: „Die beiden Abende sind für mich schon echte Heimspiele“, bestätigt Van Veen im Hinblick auf die Zusammengehörigkeit im Land ohne Grenzen. Noch zwei Gastspiele im Anschluß, in Stuttgart und Berlin - dann ist .für ihn die Mammut-Serie durch 50 Städte der Bundesrepublik beendet.

„Herman, was waren bisher ihre stärksten Eindrücke unterwegs?“
Van Veen: „Das tollste Erlebnis, mein Auftritt in Ost-Berlin. Diese Begeisterung des Publikums wer- de ich nicht vergessen! Die Halle faßte 8000, aber genau so viele mußten draußen bleiben. Dieses Gastspiel war für mich persönlich besonders wichtig, denn es war schon immer mein Ziel, ideologische Grenzen zu überwinden. Natürlich hat mich der Anblick der Mauer wieder traurig gemacht. Sie bleibt eine Narbe in der Geschichte.“
„Seit 1968 sind Sie Hollands Goodwill-Botschafter bei der Unicef und arbeiten in der europäischen Friedensbewegung. Sind Sie hier weiterhin so stark engagiert wie bisher?“

Van Veen: „Ja! Wo immer es sich ergibt, für Frieden, Freiheit und Menschenrechte einzutreten, tue ich es. Im März treffe ich mich mit Joachim Fuchsberger, Danny Kaye, Peter Ustinov soie mit Giuljetta Masina, um gemeinsame Aktionen zum Unicef-Jubiläum zu überlegen.“

„Nach TV-Produktionen und dem Spielfilm .Monon’ gibt’s hier weitere Pläne?“ Van Veen: „Natürlich. Noch in diesem Jahr beginnen für mich die Dreharbeiten zu .Clowns’, einer' Co-Produktion von Deutschland, Österreich und den Niederlanden. Auch eine neue Langspielplatte ist 1986 vorgesehen.“
„Stichwort Clown. Als was würden Sie sich in erster Linie bezeichnen. Als Kabarettist oder Entertainer? Sie sind Musiker, Sänger, Schauspieler, Pantomime, Poet, Tänzer, Harlekin. Bei Ihrer .Vielseitigkeit bleibt es schwer, hier bei der großen Bandbreite einen zutreffenden Nenner zu finden.“

Van Veen: „Von allem etwas, ergibt ein Ganzes, was sich mit dem englischen Wort, Performer, umschreiben möchte. Eine Bezeichnung, die wohl am ehesten den Nagel auf den Kopf trifft. Zumal ich ja auch der eigene Autor meiner Programme bin, Texte und Musik selber schreibe.“
„Herman, Sie waren vor zwei Jahren zum letztenmal in Aachen. Wie sieht nun das neue Programm aus, das wir zu sehen und zu hören bekommen?“

Van Veen: „Es ist absolut neu, bis auf ganz wenige Wiederaufnahmen. Das große Thema, der rote Faden, weist in die Zukunft unserer Welt, oder was wir von ihr übriglassen. Es wird so etwas wie die Spurensuche nach dem verlorenen Paradies werden.“
„Also ein ernster, mahnender, philosophierender Herman van Veen?“

Van Veen: „Ja vielleicht. Aber eben in der von mir gefundenen Form der Harlekinade! Ich freue mich jedenfalls auf ein Wiedersehen mit meinem Publikum in Aachen in unserem Klein-Europa zwischen Deutschland, Holland und Belgien. Diese Nachbarschaft ist eine gute Sache. Das sollte auch einmal im Großen möglich sein“...

Herman van Veen, am Schluß des Telefongesprächs, bestätigt wieder einmal sehr sein Weltbürgertum als Philanthrop und Künstler, als Botschafter der Humanität:

Seine Ideologie heißt Mitmenschlichkeit!



Hanns Manhardt