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Stadtblatt Osnabrück
W.E.

Ein Harlekin für alle Fälle

3 okt 1985

Ich bekam eine Familie, verlor viele Haare, bin ab und zu verwirrt, aber imme und immer, was auch passiert, mein ganzes Leben lang, fang ich an, um viertel nach Acht zu spielen, was ich schön finde, zu singen, was ich denke, und ich weiß noch immer nicht, was das werden soll.
Hermann van Veen



Seit 1967 steht er nun schon im Rampenlicht, variiert Orte, Medien und Texte und hat auch nach mittlerweile 16 Plattenveröffentlichungen allein in Deutschland immer noch etwas zu sagen. Die Karriere des 40jährigen Niederländers gleicht bisher einer unendlichen Geschichte. Ausgangspunkt war seine Heimatstadt Utrecht. Dort präsentierte er unter dem Titel „Harlekijn” sein erstes Solo-Programm und ein solcher ist der Allround-Künstler— an Veen ist Poet, Sänger, Instrumentalist, Pantomime und Clown in Personalunion - bis heute geblieben.



Seit jeher vereinen seine Shows musikalische und komödiantische, lyrische und absurde Elemente, allein die Themen haben sich in eine mehr gesellschafts- und sozialkritische Richtung verschoben. 1974 war van Veen erstmals in deutschen Konzertsälen zu Gast inzwischen ist sein Name zu einem Markenzeichen geworden. Er ist einer der erfolgreichsten Live-Künstler, die je auf deutschen Bühnen gestanden haben. In Hamburg gab er im vergangenen Jahr 20 Konzerte in Folge und lockte 30.000 Besucher zu seinem „Signale”-Pro-gramm ins Kongreßzentrum. Auch die Osnabrücker Stadthalle war noch bei einem Wiederholungskonzert ausverkauft.

Nur seine Versuche, am Mekka des Entertainments, dem Broadway, Fuß zu fassen, blieben bisher erfolglos, die Amerikaner konnten dem „komischen Holländer” wenig abgewinnen. Seine Art der Live-Präsentation dürfte auch kaum der amerikanischen Mentalität entsprechen. Van Veen inszeniert die ganze Bandbreite menschlicher Emotionen, erzeugt Betroffenheit, Sprachlosigkeit und Ausgelassenheit und versucht besonders in seinen wohldurchdachten Einführungen und Übergängen die besonders sein pantomimisches Können aufleuch-ten lassen, die Zuschauer aus der Behaglichkeit des Konzertsessels herauszureißene und zum Nachdenken anzuregen.

Musikalisch hat sich im Laufe der Jahre einiges geändert. Früher waren klassische Einflüsse nicht zu überhören, heute ist der Sound härter, bestimmen Synthisizer, Gitarre und Saxophon das Klangbild, kommen Blues und Rock zu Wort, ist eine mitreißende Punk-Parodie im Programm.
Van Veens scheinbar unbändige Kreativität und sein Streben nach Perfektion, daß unablässige Feilen an einzelnen Programmpassagen haben bisher kein „deja-vu”-Gefühl aufkommen lassen. An drei aufeinanderfolgenden Abenden (!) präsentiert er nun sein neues Programm, das neben Material aus seinen letzten Platten auch Ausschnitte aus seinem Märchen „Die seltsamen Abenteuer des Alfred Jodocus Quak” beinhalten dürfte. 22.-24. Oktober, Stadthalle, jeweils 20.00 Uhr.



W.F.
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