WALSRODER ZEITUNG

Unser Porträt

3. April 1987

Herman van Veen

1967 gab es ihm das Musikkonser-vatorium Utrecht schriftlich, ein Geiger zu sein. Das hätte genügt, um in irgendeinem Orchester Geld zu verdienen. Aber dies reizte Herman van Veen nicht. Ebensowenig wie die Vorstellung, nur als Einzelgänger und Alleinunterhalter aufzutreten. Erfahrungen auf diesem Gebiet hatte Herman van Veen bereits gesammelt, noch als Student, auf den Brettern eines Kabaretts. „Musikjoke“ nannte er damals sein Programm, Spaß mit Musik.



Viele Bezeichnungen mußten schon herhalten, um den Niederländer zu charakterisieren: Pantomime, Parodist, Imitator, Geschichtenerzähler, Spaßmacher, Clown, Weiser, Moralist, Rotznase sogar. Das sind viele und große Worte über die- sen Mann. Aber sie bezeichnen annäherungsweise die verwirrende Vielzahl von Mitteln, derer sich van Veen bedient - Mittel zum guten Zweck. Der für den sanften „Lehrer mit dem eingezogenen Zeigefinger“ heißt: Etwas mehr Menschlichkeit, etwas mehr Toleranz.

Hülsen, abgenutzt und überstrapaziert? Nicht im Zusammenhang mit dem Niederländer, der ein Mensch sein will, dem man glaubt, der Vertrauen verdient. Herman van Veen arbeitet dafür, gleichgültig, ob als Kinderbotschafter der UNICEF in seiner Heimat oder als Entertainer. Und, natürlich, als Macher leiser, liebevoller Lieder. Titel wie „Ich hab’ ein zärtliches Gefühl“ oder „Ohne dich“ verhalfen ihm seinerzeit zu einem schnellen Erfolg.

Nur gelesen bleiben manche seiner Ttexte blaß, wirken gelegentlich wie die Vorlagen eines erbarmungswürdigen Schlagersängers. Obwohl sich van Veen den branchenüblichen, süchtigen Griff nach Metaphern versagt, gelingt ihm die Umsetzung beobachteter Realität in zwingende Verse keineswegs durchgängig.

Diesen Nachteil jedoch macht er auf der Bühne mehr als wett. In seinen Stemstunden gelingen ihm große Würfe, die bis zum letzten Wort mehr Sensibilität und Beobachtungsgabe verraten als det^zur Kunst stilisierte Dilettantismus zahlloser Liedermacher. Ein Beispiel für viele ist das Lied „Alles, was ich hab’“. In behutsamer Selbstentblößung, die keine Sekunde lang peinlich wirkt, liefert van Veen ein Porträt seiner selbst.