Öffentlicher Anzeiger
Karin Detzer

Wenn das Eis taut

Gaukler und Sänger: Herman van Veen gastierte in Koblenz

2 nov 1984

Er macht es seinem Publikum nicht leicht: der Gaukler, Sänger, Pantomime Herman van Veen. Signale setzt er. Feine leise Zeichen des Nachdenkens und Schmunzelns. Macht seltsam betroffen und heitert doch immer wieder auf.


Und das Koblenzer Pulibkum tat sich denn auch schwer mit dem Programm des blonden Holländers. Fast zögernd nahmen sie Kontakt mit dem Künstler auf. Tasteten sich heran an seine Ausdrucksform. Und dann war die Verbindung so fest, daß das Konzert in der Rhein-Mosel-Halle nach dem Willen des Publikums nach einer Stunde Zugaben noch längst nicht zuende gehen durfte. Der Herman spielt Menschen voller Leben und Verletzlichkeit, zeigt Schwächen auf und findet doch immer die Geste der Entschuldigung, des Verständnisses. Er singt von denen, die ihr Mäntelchen nach dem Wind drehen, von Typen, die ihren Mut verloren haben und von starken Persönlichkeiten.

All diese Züge stecken wohl auch in dem Künstler selber, denn seine Darstellungsweise überzeugt, macht betroffen. Herman van Veen ist kein Künstler mit Distanz. Er findet die Nähe zum Publikum, nein er hat sie von Anfang an. Seine Gesten sind nicht anbiedernd, sondern angenehm echt Mit seinem enormen Stimmvolumen macht er Stimmungen deutlich, läßt Lieder und Texte in ihrer Aussage Umschlagen. Seine vier excellenten Musiker verstehen es, seinen Ausdruck fein zu unterstreichen, egal ob seine Lieder leise-sanft oder heftig-impulsiv ausfallen.

Herman steckt an. Man ertappt sich dabei, daß man nicht nur genüßlich lauscht, sondern auch tief in sich selber hineinhört In dieser Atmosphäre beginnt sich auch der Künstler wohlzufühlen. Immerhin hat er über sechs Monate Mammuttournee auf dem Buckel. Da fällt die Spontanietät schon schwerer. Man merkt's denn auch hin und wieder.
So geht es eigentlich erst bei den Zugaben so richtig los. Da rückt die Zuschauermenge nach vorn. Man taut auf, vor und auf der Bühne.

Und schließlich klatscht das Publikum ™den Herman dann auch noch aus; der Garderobe heraus. Schon umgezogen singt er noch auf der bereits abgeräumten Bühne ein letztes Lied. Und in stiller Übereinkunft endet ein Abend mit Herman van Veen, der seinen Eindruck hinterlassen hat.



Karin Detzer