Gießener Anzeiger
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Hermann van Veen: Der Vorrat ist noch lange nicht alle

2 feb 1983

"Solange der Vorrat reicht" klingt wie eine Warnung. Könnten dies die letzten musikalischen Ideen und beziehungsreichen Gedanken sein, die Hermann van Veen zusammengekratzt hat, bevor ihm der lange Atem knapp geworden ist? Die Antwort ist bereits nach dem einmaligen Hören der neuen LP des zärtlichen Clowns zu geben: Nein.


Der Himmel weiß, wie er auf diesen LP-Titel gekommen ist, aber mit einem "Ausverkauf" haben die neuen Stücke nichts zu tun. Der nachdenkliche Spaßmacher hat immer noch etwas zu sagen. Die Themen sind die uralten, ewig neuen, und sie sind poetisch dargebracht: Liebe, Innerlichkeit, Alter, Krieg und Frieden.

In einigen Liedern sorgt der Text von Erich Kästner für Niveau, in anderen van Veen für Zeitgeist. Zum Beispiel in "Der Prophet": "Gesehen wurde er, sagt man, in Prag, er habe sich da selbst verbrannt. Es heißt auch, er habe gesessen in Stammheim im Gefängnis ... Und wenn er morgen an deiner Tür stände, würdest du sagen, daß du schon Abonnent bist... wenn er also, das heißt Jesus, an deiner Tür stände".

Man kann ihn einfach immer wieder hören, den philosphischen Niederländer mit der zärtlichen Stimme. Und auch die Instrumentierung setzt wie immer die passenden Akzente und sorgt für die richtige Stimmung.

("Solange der Vorrat reicht", Hermann van Veen, Poly- dor 2372150.)



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