Westdeutsche Allgemeine
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Poet in Pumps im Wechselbad der Gefühle

Van Veen verzaubert Publikum

1. feb 1999

Ein Pop-Poet tanzt und springt in Stöckelschuhen über die Bühne - Hermann van Veen begeisterte am Freitag in der Stadthalle mit seinem „Nachbar”-Programm. Mehr als 900 Zuschauer erlebten ein Wechselbad der Gefühle.

Die Lieder des Holländers wirken wie Märchen für Erwachsene. Mit seiner kraftvollen und doch sanften Stimme lockt er das Publikum in eine andere Welt, zu der Trauer und Schmerz genauso gehören wie Witz und Freude.

Singt van Veen noch in einem Moment vom „Wunsch nach dem Glücklichsein”, erzählt er kurz darauf schon wieder von der „Sehnsucht nach der Traurigkeit”. Und wenn sich das Publikum in Melancholie gefangen glaubt, schüttelt van Veen kurzerhand einen kleinen Witz mit bissiger Pointe aus dem Ärmel. Weckt ein Abend mit dem Niederländer auch Erinnerungen an die Gefühle, die man empfand, wenn die Eltern vor dem Schlafengehen Märchen erzählten, so ist das Programm doch auch wie das wahre Leben: Ein ständiges Auf und Ab der Gefühle.

Anders als in seinen alten Programmen, rücken in „Nachbar” neben van Veens eigenen Kompositionen immer mehr klassische Stücke von Franz Schubert, „Du bist die Ruh”, oder Friedrich Hollaender, „Wenn ich mir was wünschen dürfte”, in den Vordergrund. Aber auch Texte aus der Feder von Heinz Rudolf Kunze spielen eine wichtige Rolle.

Van Veen hat einmal gesagt, er singe „wahnsinnig gerne deutsch”. Die Sprache sei für seinen Gesang am sanftesten. Für die sanften und heftigen Gefühle, die er beim Publikum auslöste, bekam er jedenfalls tosenden Applaus. Nachdem der Pop-Poet nach zahlreichen Zugaben die Bühne endgültig verlassen wollte und ein Großteil des Publikums schon gegangen war, klatschte der Rest so lange, bis van Veen doch noch einmal sang. Das Publikum bekam nicht genug - wie Kinder, die am Abend nach dem Märchen wenigstens noch eine Seite vorge- leSen bekommen wollen. Sie können sich einfach nicht satt hören. sla





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