C00LIBRI RUHRGEBIET
A.L.

KLITSCHNASSE CLOWNS

00 dezember 1992

Erfüllen sich die erbaulichen Pläne des Bauausschusses der Stadt Bochum, wird ein überdachter Terminal demnächst am neuen Straßen-Bahnhof „Ruhr-Universität“ dafür sorgen, daß Fahrgäste trockenen Fußes zur Uni gelangen können (WAZ, 31.10.92). Kein Studi stände dann mehr im Regen. Allerdings wäre im Regen auch gar kein Platz mehr für die Hochschüler, läßt die Stadt Bochum doch hier schon die freien Kulturschaffenden stehen. Und das wider besseren Wissens.


Die Einsicht der Kulturverwaltung, daß es notwendig sei, den Bereich der kulturellen Arbeit in freier Trägerschaft in weitaus größerem Umfang als bisher zu fördern, ist kaum älter als die schönen Worte, die man von Seiten der Stadt immer wieder für den Kampf der Stadtteilläden gegen die Kultur-Diaspora in den Außenbezirken fand. Nun sind es aber - unter vielen anderen -genau diese Einrichtungen, denen die finanziellen Mittel erheblich gekürzt werden sollen.
Betroffen ist dabei neben dem Bahnhof Langendreer und dem Thealozzi. den Stadtteilläden in Watten scheidund Dahlhausen mildem Figurentheater-Kolleg Bochum auch eine Institution, die sich weit über die Stadtteilarbeit und die Stadtgrenzen hinaus verdient gemacht hat. Mit ihrem gemischten Programm aus Figurenbau, -spiel, Clowning und Vortragskunst eine im deutschsprachigen Raum einmalige kulturelle Ausbildungsstätte.

„Ich weiß nicht, wie wir weitermachen können mit einem reduzierten Haushalt“, beschreibt Leiterin Birgit Hollack die flotte Eigendynamik des sich zudrehenden Geldhahns. „Sobald wir eine bestimmte Stundenzahl nicht mehr anbieten können, werden uns auch noch Landesmittel gestrichen, ohne die wir wiederum unsere Stundenzahl weiter einschränken müssen. “ Falls sich an den Sparplänen der Stadt nichts ändert. bedeutet dies das Aus. Schon allein, weil Ausbildungsgänge langfristig geplant werden, muß bald eine klare Stellungnahme der Stadt erfolgen.
„Da rede ich im Moment nicht drüber“, antwortet die Bochumer Kulturamtsleiterin Frau Dr. Giovannini am Telefon. Die Haushaltsberatungen für '93 ständen noch lange aus, mit drastischen Kürzungen sei aber auf jeden Fall zu rechnen, fügt sie hinzu.

Dem freien Kulturbetrieb fehlt es an einer finanziellen Schirmherrschaft der Stadt, denn sonst stehen wir kulturell bald alle im Regen.

„Da marschieren klitschnasse Clowns“ heißt es bei Herman van Veen. Wer den Text des Liedes kennt, weiß: auch die Leute, die dem Umzug zuschauen, sind durchnäßt.



A.L.