Die Zeit
Ute Blaich

Märchen mit Witz

27 dez 1985

ZDF, Samstag, 28. Dezember, 15.45 Uhr: ,Herman van Veen und die Ente Quak", eine Musikfabel, Aufzeichnung der Uraufführung im Deutschen Schauspielhaus Hamburg.

Zebeke zefloebe ploebeleplo bloebeleblo - das st maulwürfisch und eine winzige, brillant gesungene Zungenbrecher-Partie aus Herman van Veens symphonischem Märchen „Jodocus Quak“.


Der poetische Harlekin aus Holland vermischt in seiner Fabel Elemente aus Musical, Komödie, Märchen und Parabel. Er watschelt, singt, tanzt, tölpelt, parodiert, weint und lacht. Schlüpft mühelos und kunstreich in sämtliche Rollen, wirbelt wie ein Irrwisch über die Bühne und kann Sekunden später sein Publikum mit sanften lyrischen Sequenzen in Atem halten. Skurril, chaotisch, zärtlich: Van Veen inszeniert Slapstick-Nummern genauso artistisch wie das leise wehmütige Lied.

Das Erfolgsgeheimnis dieses erzmusikalischen Parodisten, Liedermachers und Schauspielers scheint seine sympathische Gelassenheit zu sein. Der Mann findet sich immer im richtigen Rapport zur szenischen Spannung. Statt Anstrengung vermittelt er Leichtigkeit. Statt Routine Intensität und Ruhe.

Den Plot seines Märchens erzählen zu wollen, wäre desillusionierend: Van Veen ist ein so bravouröser Entertainer, daß die Story erst in seiner Interpretation zu dem wird, was sie ist: zauberisches Vergnügen mit politischem Witz und Hintersinn. Wie alle wirkhch guten Kindergeschichten ^keineswegs bloß für Kinder amüsant.
Um so verblüffender, daß im Ratatouille der Weihnachtsberieselung eine so phantastische Aufführung (es ist ein Mitschnitt der Hamburger Erstaufführung im Schauspielhaus) überhaupt im TV-Kinderprogramm Platz gefunden hat. Zwischen „Trotzkopf“, Kiddy-Kitsch, Krakeel und Kinkerlitzchen.

Mit diesem Musikmärchen gibt der spontane Allroundkünstler van Veen nicht nur neitere, glanzvolle Musikunterhaltung, sondern eine Persiflage auf die Korruptheit und Willkür der Mächtigen. Er zeigt katzbuckelnde Minister, bestechliche Beamte, eitle Stars und blöde Claqueure. Gleichzeitig ermutigt er zu listenreichem Widerstand, zu Solidarität für jene, „die nichts zu sagen, nichts zu essen haben“. Van Veen („Botschafter der UNICEF“), Pantomime, Rezitator, Chansonnier und „Clown“, will keine „Denkanstöße“ geben. Er haßt aufgeblasenes Vokabular. „Ich will den Leuten einen kleinen Puff geben“, sagt der Star ohne Starallüren. Parodist, Komponist, Moralist, Poet- - alles in einem.

Wer die Paradiese aus Plastik mit ihrer mediokren Kinderunterhaltung, dem Klamauk und seiner geist- und lieblosen Machart näher kennt, erlebt dieses Musikspektakel mit Staunen und entzücken. „Jodocus Quak“ hat das Zeug dazu, musikalischer Kinderklassiker der achtziger Jahre zu werden. In der Nachfolge Prokofieffs symphonischem Märchen „Peter und der Wolf", das vor fast einem halben Jahrhundert führt wurde.



Ute Blaich