Luebecker Nachrichten
gh

Ein virtuoser Musiker, Clown und Poet

5 nov 1988

Die fünf Zugaben, die das Publikum sich erklatschte und ertrampelte, sprechen allein schon für sich. Hermann van Veen, der geniale niederländische Vielseitigkeitskünstler, kam bei seinem ersten von zwei Auftritten in der Lübecker Hansehalle toll an.


Doch welche Seite des Künstlers ist es, die die Leute am meisten fasziniert? Die musikalische, seine Stimme, die tänzerischen Einlagen, seine Parodien und Clownerien, - oder ist es ganz einfach alles zusammen, das Konglomerat so unterschiedlicher künstlerischer Ausdrucksformen? Es ist wahrscheinlich die ungeheure Virtuosität und spielerische Leichtigkeit, mit der van Veen all diese Elemente zu verknüpfen versteht, und in ein zweieinhalbstündiges Entertainement fließen läßt, das reicher an wunderbaren Einfällen und zauberhaften Überraschungen kaum sein kann.

Es gelingt ihm einen Bogen zu spannen von Heiterem zu Besinnlichem, von apokalyptischen Visionen zu gegenwärtigen und fernen Hoffnungsschimmern, vom Melancholischem zu Spaßhaftem - und immer wieder vom Clown zum Poeten. Fein abgestimmt auf diese inszenierten Sprünge ist dabei die Musik. Die Band wird von Erik van der Wurff an Piano und Keybords glänzend geführt, von Bassist Cees van der Laarse mit dem nötigen Rhythmus versehen und von Nard Reijnders Saxophon rockig, jazzig oder auch klassisch begleitet. Diese Musik ist nicht nur Hintergrund für die saalfüllende, kräftige Stimme van Veens. Ob zärtlich und einfühlsam zu „Anne", variantenreich bei „Wölfe und Vampire", fetzend-rockig zu „God bless America" oder swingend zur Showstar-Parodie „ You're so nice": Eric und Begleiter lieferten zu jeder Nummer die richtigen Töne.

Sicher wie seine Band auf musikalischem Terrain ist Hermann van Veen in seinem mimischen Metier. Seine Parodie „Spiel, Satz, Sieg", in der heutige Tennisstars ein wenig auf die Schippe genommen werden, zählte mit zu den Höhepunkten des Programms. Doch auch in Lübeck konnte die Revue nur einen begrenzten Einblick in die überwältigende Kreativität des Holländers geben, den sein Kollege Heinz Rudolf Kunze „einen der bedeutendsten Künstler der Gegenwart“ nennt.



gh