BURKHARD BATTRAN
NW-News.de
Wie ein großes Familienfest

1.000 Stadtahllen-Besucher feiern Herman van Veen in Beverungen
30 november 2009

Beverungen. Das Konzert war bereits zu Ende. Das Saallicht war längst an, gut die Hälfte der Zuschauer war schon draußen und auf dem Heimweg. Eine Gruppe hartnäckiger Fans klatschte unentwegt weiter. Da kam Herman van Veen (64) noch einmal auf die Bühne. "Als ich vor über 30 Jahren zum ersten Mal in Beverungen aufgetreten bin, hatte ich noch volles Haar und sprach ein so schlechtes Deutsch, dass ich selbst oft nicht gewusst habe, was ich da singe. Heute kann ich es hoffentlich besser", leitete Herman van Veen seinen großen von 1974 stammenden Hit "Ohne Dich" ein. Inzwischen hatten sich auch Pianist Eric van der Wurff (64), mit dem van Veen schon seit der gemeinsamen Studienzeit in Utrecht zusammen musiziert, die stets barfuß auftretende Gitarristin Edith Leerkes sowie die beiden Geigerinnen Jannemien Cnossen und Dorit Oitzinger auf der Bühne versammelt.


"Wenn du die Tür schließt hinter mir, dann sehne ich mich schon nach dir, mir kommt alles sinnlos vor, ohne dich", sang Herman van Veen und plötzlich waren das gleißene Deckenlicht und die Aufbruchstimmung vergessen. Herman van Veen wäre auch in der Lage gewesen, nur durch seine Musik selbst eine öffentliche Toilette in einen atmosphärischen Konzertsaal zu verwandeln.

Aber das war noch nicht alles. Nachdem noch mehr Leute gegangen waren, die Halle war schon fast leer, und ein harter Kern immer noch weiter applaudierte kamen van Veen und Band tatsächlich noch ein allerletztes Mal auf die Bühne und rührte die verbliebenen Zuhörer ein letztes Mal zu Tränen mit seinem unvergesslichen Chanson "Ich hab' ein zärtliches Gefühl, für jede Frau, für jeden Mann, für jeden Menschen, wenn er nur vollkommen wehrlos lieben kann".

Dann war aber wirklich Schluss in der Beverunger Stadthalle. Fast drei Stunden hatte der Musikzauberer aus Utrecht die 1.000 Besucher in der restlos ausverkauften Stadthalle mit der ihm eigenen Mischung aus Poesie, Klang, Clownerie und Humor vollständig verzaubert.

Nach van Veens Bekunden zum 14 Mal, nach den Unterlagen der Kulturgemeinschaft zum zwölften Mal, hält van Veen der Beverunger Stadthalle die Treue auch wenn der Musikpoet sonst überwiegend in größeren Hallen gastiert. Ein Turnus von vier Jahren hat sich eingependelt, mit dem er nach Beverungen kommt. Seine Konzerte in der Stadthalle sind wie große Familienfeste. Es sind stets dieselben Gäste und man sinniert über die vergangene Zeit und das Älterwerden.

Herman van Veen und sein Publikum werden gemeinsam älter. Er machte - wenn er Witze machte - ausschließlich Witze über das Alter: "Kommt ein altes Ehepaar zum Anwalt. Warum wollen Sie sich denn nach 60 Jahren Ehe plötzlich scheiden lassen, fragt der Anwalt. Wir wollten warten bis die Kinder tot sind", erzählt van Veen und dreht den Witz in eine nachdenkliche Richtung, indem er fragt: "Eine Frau, die ihren Mann verliert ist eine Witwe, ein Mann wird zum Witwer, Kinder ohne Eltern sind Waisen, aber wie nennt man Eltern, deren Kinder gestorben sind?"

Auch im fünften Jahrzehnt seiner Bühnenkarriere ist Hermann van Veen als Liedermacher auf der Höhe seiner Kunst. Das bewies er in Beverungen mit Stücken aus seiner vor einem Monat erschienen neuen CD "Im Augenblick". "Die Tauben scheißen Rembrandt-weiß, und ne besoffene Frau lallt über den Platz und wird von einem Tandem zweimal überfahren", hieß es im Song "Amsterdam".