Ahlener Zeitung
Heike Eickhoff
Sentimentaler Musikclown 29 nov 2009

Münster - Vor den Türen stehen die Wartenden Schlange. Die für den Auftritt des niederländischen Barden Hermann van Veen verkleinerte Halle Münsterland füllte sich im Handumdrehen. Schon als die Musiker die Bühne betreten, gibt es kräftigen Beifall als Vorschusslorbeeren. Verdient, wie sich anschließend zeigt.


Van Veens aktuelles Programm „Im Augenblick“ ist ein sentimentaler Blick nach vorn - mal bissig und zart, mal garniert mit wohlüberlegter Eloquenz. Im weißen Hemd, die Manschetten offen, singt, läuft und tanzt sich van Veen über die Bühne. Er ist, obwohl inzwischen 64, immer noch ein Energiebündel. „Grüß Gott!“ ruft van Veen fröhlich ins Publikum. Dann lässt er erst einmal die Zuhörer tätig werden. Immer, wenn er vom Regen singt, sollen sie mit den Händen Regengeräusche machen. Er macht es vor, das Publikum macht es begeistert nach, und tatsächlich klingt es verblüffend echt. Mit „Mistwetter!“ kommentiert der Barde lachend diesen Regensound.

Mit zwei jungen Geigerinnen, einer virtuosen Gitarristin (Edith Leerkes) und dem unverwüstlichen Erik van de Wurff am Klavier zaubert van Veen Song auf Song auf die Bühne. An der Rückwand lehnt indes bequem ein Kon­trabass. Der hat eine große Klappe in der Rückwand, und in ihm steckt van Veens eigene Geige. Klar, dass er es mit großer Geste zelebriert, wie er das kleinste Streichinstrument aus dem Bauch des größeren hervorzaubert. Oft spielt van Veen diese Violine, lässt den Bogen gekonnt über die Saiten fliegen und kann sich das eine oder andere Solo nicht verkneifen.

Neben Witz und Klamauk hat van Veen, wie stets, eine große Prise Nachdenkliches ins Programm gepackt. Über die Situation des Miteinanders der Menschen in Köln- Ehrenfeld und über die schwindende Toleranz in seiner Heimat redet und singt er. Dazwischen erklingen Lieder wie „Kyrie Eleison“ und „Anne“, sentimental bis gefühlvoll, moderiert mit Geschichten von seinen Kindern und Enkelkindern.

Egal, was er gerade tut: van Veen überrascht immer. Er trommelt auf Stabspielen, bis die Funken fliegen (ein kleines Tischfeuerwerk macht das möglich), auf dem Korpus des Kontrabasses und der Tastatur des Flügels herum, macht gern den genialen Musikclown.

Das Publikum geht vom ersten Ton an mit und lässt ihn erst nach mehreren Zugaben von der Bühne.