Christine Dick
Lippische Landes Zeitung
Ein wahres Märchen 24 aug 2009

Schöne Stimmen, hinreißende Klänge: Herman van Veen hat mit seinem Theatermärchen Musikgeschichte geschrieben.

Zauberhaftes mischt sich mit Realität. Herman van Veens "Op een dag in september" ist ein Hohelied auf Frieden und Liebe. Mit der Uraufführung bereitete er dem Publikum ein unvergessliches Erlebnis.

Detmold. Es war einmal. So beginnt Herman van Veen sein Theatermärchen: "Es war einmal - so fängt jedes Märchen an, das wahr ist." In der ausverkauften Weltpremiere von "Op een dag in september" muss der niederländische Künstler am Samstag niemanden davon überzeugen, dass sein allumfassendes Märchen, eine Friedensbotschaft, wahr ist. Der Zauber hält von der ersten bis zur letzten Minute.

Es donnert aus den Lautsprechern. Naomi Funk erschrickt. Die Neunjährige mag Märchen, aufmerksam folgt sie dem Geschehen auf der Waldbühne am Hermannsdenkmal und beschreibt ihre Eindrücke. Neben ihr sitzt die Zeit in Gestalt einer Frau mit einer überdimensionalen Sanduhr. Diese Frau schweigt, sie ist Teil der geheimnisvollen Geschichte, die bei der Uraufführung alle in ihren Bann zieht. Von Anfang an fesselt dieses Stück, auf mechanische Schritte folgen weiche Bewegungen. Herman van Veen kommt mit seiner Geige, seine künstlerische Partnerin Edith Leerkes spielt auf ihrer Gitarre, Schnee rieselt von der Decke. Es funkelt wie in einem echten Märchen. Naomis Augen leuchten auf. "Ich mag den Glitzer", sagt sie.

Der Krieg ist vorbei und Anna Valentin (Nina de la Croix) wartet auf ihren Vater. Aber der Vater kommt nicht heim. Mit ihrer Mutter (Nicole Sieger) und der Schneeeule Theofilius findet Anna Zuflucht im Kopf des Hermannsdenkmals. "Anna hat ein rotes Kleid an, alle anderen tragen schwarz", stellt Naomi fest.

Manche Darsteller tragen eine Maske, Anna nicht. Sie ist besonders, mutig und hoffnungsvoll. Ihr Blick, ihre Sinne suchen nach ihrem Vater, der Person, von der sie so vieles hat. Manchmal singt sie, manchmal tanzt sie. "Die Schauspieler sind gut darin, wie sie sich bewegen", findet Naomi, "aber ich verstehe nicht, warum manchmal alle still stehen und warum der Vater alles vergessen hat." Als der Vater Jan Valentin (Herman van Veen) endlich zurückkehrt, weiß er nicht mehr, wer er ist. In seinen Augen ist nichts. "Sein Kopf ist leer", sagt LangLang (Anna Veit), die schwarz-weiße Gestalt aus dem Osten, die ihre Ideen im Gleichgewicht haben will. Der Krieg hat dem Vater die Erinnerung genommen und mit der Erinnerung auch das, was ihm lieb und teuer war. Ein weißer Luftballon fliegt wie ein wundersamer Gedanke in den dunklen Himmel, das echte Hermannsdenkmal hinter der Bühne schimmert grün im Abendlicht. Hier stellt es nicht das Denkmal eines Kriegshelden dar, sondern das Symbol für den Frieden. "Von allen Dingen, die es gibt, ist Krieg das Schlimmste", sagt Herman van Veen. In "Op een dag in september" ist er Erzähler, Geschichtenschreiber, Musiker und Protagonist. Seine Lieder vermitteln eine geheimnisvolle Poesie, darin ist alles: Momente zum Lachen, zum Weinen, zum Staunen und zum Träumen, Trauriges und Hoffnungsvolles. Von allen Seiten fließen Reize in die Kulisse, Farben, Formen, Töne und Worte.