Herman van Veen
SH am Sonntag
Smile
24 mei 2009

"Könnten sie kurz lächeln?" bat mich ein Fotograf von derZeitung nach einem Interview. "Wenn Sie etwas Lustiges erzählen" sagte ich, "prima." Lächeln auf Verlangen kann ich nicht so gut. Verständlich. Der Fotograf hätte genauso gut fragen können, "würden Sie mal kurz für das Foto lügen" Dann hätte ich wahrscheinlich gelächelt.
Viele Politiker und Schauspieler sind so mit den Kameras vertraut, dass sie auf Kommando ein Gesicht aufsetzen können. Eine Bombenfratze von Bosheit, von Erstaunen, von Geheimtuerei und Gleichgültigkeit, von Freude auch und von Trübsal. Hübsche Bilder für den Augenblick, aber die meisten dieser Bilder werden den Zahn der Zeit nicht überstehen. Weil sie lügen.
Sah diese Woche einen Dokumentarfilm über die amerikanische Schauspielerin Marilyn Monroe. Sie war wie kein anderer imstande, dem Fotografen das Gesicht zu zeigen, was er wünschte. Sie wurde darin so perfekt, dass sie sich nach einiger Zeit in ihrem eigenen Spiegel nicht mehr erkannte. Ihr fotografiertes Gesicht wurde ihr vertrauter als das eigene. Auch deshalb, weil die Welt sie in dieser Aufmachung lieber sah. Die Welt wusste es nicht besser.
Am Ende ihres kurzen Lebens hat sie ihr Gesicht durch ein Missverständnis eingetauscht in eineTotenmaske.
Las in einem Zeitungsartikel etwas über den Kopf eines flämischen Schauspielers. Ein Mann mit einem Kopf wie ein Felsen. "Charakterköpfe sind die gefährlichsten. Von denen sieht man selten ein schlechtes Foto. Dafür sind die Köpfe zu beeindruckend.

Nicht oft sieht man von diesen Köpfen ein Bild, das sie durchschaubar macht."
"Also lächle nicht auf Verlangen eines Fotografen. Sorge dafür, dass man keinen Schauspieler sieht, wo man einen Menschen erwartet. Oder theatralische Aktion wahrnimmt, wo die natürliche Geste gewollt war." Das war der Rat, so lese ich, den der im 19. Jahrhundert lebende französische Pionier der Fotografie, Adolph Dis De Ri, seinen Kollegen gab, welche bekannte Personen porträtieren sollten. Träumte heute Nacht von einem Fotografen, der mich bat, mit nur einer Lippe zu lächeln.



Herman van Veen (64) ist niederländischer Musiker, Entertainer und Unicef-Botschafter.
Seine Sonntags-Gedanken schreibt er exklusiv für Schleswig-Holstein am Sonntag.