Zeit Online Herman van Veen inszeniert Musical 23 aug 2009

Detmold (dpa) ­ Ganz in schwarz gekleidete Menschen betreten die Bühne. Mit dunklen Regenschirmen versuchen sie sich vor dem Unwetter zu schützen. Blitze zucken, Donner grollt.

Der niederländische Liedermacher Herman van Veen spart in seinem Musical «Ein Tag im September» nicht an Symbolik. Denn in dem Stück, das am Samstagabend vor rund 1000 jubelnden Zuschauern am Fuße des Hermannsdenkmals in Detmold uraufgeführt wurde, herrscht Krieg. Die Welt versinkt im Chaos. Aber van Veen wäre nicht van Veen, wenn es in einem Musical aus seiner Feder nur düster und traurig zuginge.

«Es ist wichtig, mit einem Lächeln an ein solch schweres Thema heranzugehen. Sonst wird man krank», sagt der Liedermacher und Komödiant.

Die eineinhalbstündige Inszenierung am Fuße des Hermannsdenkmals ist Teil des internationalen Kulturprogramms zum Varus-Jahr. Sein Musical hat der 64 Jahre alte Musiker und Sänger deshalb an jenen Ort verlegt, wo einst Arminius, auch bekannt als Hermann der Cherusker, vor 2000 Jahren die römischen Truppen des Varus dem Mythos nach vernichtend geschlagen haben soll.

Zwar sind es die Nazis, die in van Veens Stück die Welt mit Krieg überziehen, aber auch der Germane Hermann spielt eine Rolle ­ oder besser sein Denkmal. In dem Musical ist es jedoch kein Kriegssymbol, sondern ein Zeichen des Friedens. «Wir haben den Hermann entmilitarisiert», sagt van Veen.

Im Kopf der riesigen Statue finden die kleine Anna und ihre Mutter Zuflucht vor den Nationalsozialisten. Die beiden Juden sind auf sich gestellt, der Vater ist von den Nazis verschleppt worden. Als er schließlich aus dem Krieg zurückkehrt, weiß er nicht mehr, wer er ist. Nur der Saft von drei seltenen Blumen kann ihm noch helfen. Die Suche nach den Pflanzen führt Anna durch halb Europa.

Obwohl sein 21-köpfiges Ensemble durchweg brillant besetzt ist, beherrscht vor allem van Veen selbst als Sänger, Tänzer und Musiker die Bühne. «Der Mann hat eine unglaubliche Präsenz», sagt ein begeisterter Zuschauer in der ausverkauften Waldbühne. In melancholischen Momenten weint van Veens Geige und seine weiche, volltönende Stimme wird schwermütig. Genauso oft geht es aber auch ausgelassen zu. Dann nimmt sich der Komödiant selbst auf die Schippe, verschüttet als Geistlicher gleich einen ganzen Kübel Weihwasser über den Zuschauern oder swingt als Sinatra-Karikatur über die Bühne.

«Auch in Zeiten des Krieges gibt es schließlich Freude, Freundschaft, Zusammenhalt und Liebe», betont van Veen, der im September seine neue CD «Im Augenblick» auf den Markt bringt.

Sein Musical ist ein Stück Gesellschaftskritik, das mahnen und wachrütteln will. Es ist aber auch ein modernes Märchen - poetisch, ironisch, vielschichtig, emotional und erfrischend spritzig. Und es ist ein Stück über wahre Helden. Für van Veen sind das vor allem «die Helden des Alltags»: Entwicklungshelfer und Lehrer zum Beispiel. Mit Schwertern und Waffen könne man wahres Heldentum jedoch nicht erreichen, meint der Niederländer. «Das ist nur bei Asterix so.»