Herman van Veen
SH am Sonntag
Boeing
18 okt 2009

Wir fliegen über die Alpen / in einer blauen Boeing 737 /von Südfrankreich zurück in die Niederlande./Einige Wolken am Himmel / leichter Gegenwind. / Ich liebe es nicht sonderlich zu fliegen. / Die Stühle sind zu klein, / der Raum ist zu eng, / man kann sich nicht mal eben / die Beine vertreten und / man sieht zudem nicht, wer da vor einem fliegt.

Meine Frau sitzt am Fenster. Sie liest. / Mit einem Lächeln schlägt sie ruhig Seite für Seite um. / Eine Biografie über den sowjetischen Prima Ballerino Rudolf Nurejew. /Ab und zu hält sie inne, / um mir zu erzählen, was sie gerade gelesen hat. / Er hatte kein einfaches Leben. / Die Russen wollten ihn erledigen, / nachdem er im Ausland Asyl gefunden hatte. / Das ist den Schurken aber glücklicherweise nicht gelungen. /Wenn es anders gekommen wäre, / würde meine Frau jetzt nicht so süß dasitzen und lesen.

Ich verstehe, dass unser Steward heute Abend / das erste Mal mit einer neuen Flamme ausgehen wird. / Er erzählt seiner Stewardess n Kollegin / überraschende Details. / Sein neuer n; Freund kommt aus Apeldoorn / und ist In- nenarchitekt, kann herrlich tanzen / und scheint ein meisterhafter Küsser zu sein. / Hinter mir sitzt eine Frau / die unregelmäßig bellend hustet, / wodurch sich dann das wenige Haar, das ich habe, bewegt. / Hoffentlich ist das, was sie wegbellt, nicht zu ansteckend. /Wir müssen morgen in Koblenz singen, / dabei kann ich auf eine Erkältung / wie auf Zahn- schmerzen gerne verzichten.

Wir sinken etwas. / Der Himmel ist vio- lett-blau.
Links von mir knallt die Sonne /ein prächtiges Licht herein.
Ob ich noch etwasTee möchte. / „Gern, mit einem Keks." /Sie servieren in dieser Boeing / herrliche kleine runde Stroopwafeltjes.
In der Zeitung, die ich / nochmals durch- blättere, steht eigentlich nur lauter Elend. / Unruhige Banken, / Probleme mit dem nuklearen Abfall, / drohendeTerroristen, / s-eine Geschichte über einen / pädophilen !; Bademeister, / die üblichen / Sportbericht- ; erstattungen, / gute und schlechte / Kunst- kritiken, / der Wetterbericht, der Kälte vor- hersagt, / Stücke von Menschen, die über das schreiben, / was gestern in der Zeitung stand, / eine Karikatur von Obama, / eine Taube, die nicht fliegen kann, / wegen der schweren Medaille um ihrem Hals.

Der Himmel ist inzwischen herrlich dunkelrot. / Könnte man die Farbe nur mitnehmen. / Es würde ja doch nicht möglich sein. / Die Luft ist genau wie Schnee, / man kann sie nicht bewahren. /Was ich mit der Farbe tun würde? /Würde sie jedem zeigen, der rote Farbe liebt / und sie danach dem Himmel zurückgeben, /für wider andere Menschen, / die in blauen Boeings 737 vorbeifliegen.



Herman van Veen (64) ist niederländischer Musiker, Entertainer und Unicef-Botschafter.
Seine Sonntags-Gedanken schreibt er exklusiv für Schleswig-Holstein am Sonntag.