Herman van Veen
SH am Sonntag
Pastete
11 jan 2009

Am Weihnachtsabend kamen die Kinder essen. Die Kinder mit Partnern und die Enkel. Die großeTafel war gedeckt. Meine Frau hatte Huhn ä la Gaetane gemacht. Vorab gab es eine Broccolisuppe, daran anschließend junge Schnäps-chen,Wässerchen, Säfte und Wein, gefolgt von einigen Toasts, die mein ältester Sohn zu Hause höchstpersönlich vorbereitet hatte. Mit denToasts war irgendwas verdächtig. Er sagte noch, dass die Pastete etwas würziger geraten sei als beabsichtigt. Nach zwei Toasts schielte ich, weil etwas Krampfartiges durch mein Gedärm marschierte. Während dem Essen wurden meine Augen glasig, nicht nur von den herumtobenden Enkelkindern, sondern die Kombination von Pastete, Jenever, Broccoli, Huhn ä la Frau und Kaffee war mir nicht bekommen. Saß wie ein Schneemann an der Tafel, totenstill, weil jede Bewegung in meinem Magen mehr Geräusche verursachte, als das fröhliche Geplapper um mich herum.

Als alle weg oder im Bett waren, bin ich, gebogen wie ein Bumerang, ins Badezimmer geschlurrt und hab dort angefangen, mich in Serie zu übergeben. Es wollte kein Ende nehmen. Erst am folgenden Tag um 11.00 Uhr verebbte der Strom. Hab einenTag lang im Bett gelegen, um mich vom Heiligen Abend und einem fröhlichen Weihnachtstag zu erholen.

Zwei Tage später kam eine Freundin vorbei, fröstelnd und tief eingemummelt in ihre Winterjacke. "Haben wir noch was von der Pastete?" fragte meine Frau. Ja sicher, grinste ich. Zehn Minuten später hörte ich aus der Freundin ein vertrautes Geräusch, gefolgt von einem heimlichen Sprint ins WC.

Die Geschichte wiederholt sich. Herrscht draußen der Winter, herrscht drinnen die Grippe der Bäuche.



Herman van Veen (63) ist niederländischer Musiker, Entertainer und Unicef-Botschafter.
Seine Sonntags-Gedanken schreibt er exklusiv für Schleswig-Holstein am Sonntag.