Joachim Schreiner
Frankfurter Neue Presse
Mit Gott und der Welt in melancholischem Frieden 9 nov 2009

Der holländische Entertainer und Liedermacher Herman van Veen verzauberte sein Publikum in der Mainzer Phönixhalle.

Ab einem gewissen Alter besinnen sich Künstler gerne auf Goethes Augenblick, der verweilen soll, aus dem «Faust». So auch Herman van Veen, der sich mit seinen 64 Jahren beharrlich weigert, erwachsen zu sein. Zwölf neue Chansons hat er auf seine neue CD «Im Augenblick» gebannt, die immer noch einen Mann zwischen Hoffnung und Verzweiflung zeigen, der mehr als einmal den Zuhörer in seine Träume einlud, ihn dann in die nackte Realität entließ und wieder auffing.

Er ist immer noch der begnadete Geschichtenerzähler, der mit seiner kammermusikalischen Band mit zwei virtuosen Damen an Geige und Gitarren und Langzeitpartner Eric van der Wurff (Piano) im Rücken zum globalen Rundgang ansetzt. Was man wörtlich nehmen darf, denn der Entertainer durchmisst bei neuen Liedern wie «Amsterdam», «Köln-Ehrenfeld» und «Hier unten am Deich» den gesamten Bühnenraum.

Erinnerungen aus seinem langen Künstlerleben gießt er in poetische Verse und eine melodiös reiche Musik, die atmet und fließt. Dabei darf die zum November passende Melancholie nicht fehlen: «Wenn eine Frau stirbt, nennt man deren Mann Witwer, wenn es anders rum ist, die Frau Witwe, doch wie nennt man Eltern, deren Kind stirbt?», gibt der Holländer zu bedenken.

Mit dem Alter kokettiert er, ohne larmoyant zu werden. Van Veen ist wie guter Wein: Mit den Jahren gewinnt er an Reife. Zweimal an diesem wunderbaren Abend wird der große Mann da oben angerufen: Mit «Gott sei Dank» und «Gott ist der Wind» hat der ewige Clown van Veen seinen Frieden gefunden mit einem Herrn, dem er wegen seiner katholischen Erziehung nicht immer wohl gesonnen war.

Der Seiltanz zwischen Tragik und Komik geriet zur lustvollen Darbietung eines Lebenswerks, das über alle künstlerische Zweifel erhaben ist. «Was kan ich fur dich tun» singt er fragend im deutsch-holländischen Sprachmix. Nach zwei Stunden sagt er «Ciao» mit einem Song. Doch das ist nur ein kurzer Abschied. Schon im März kommenden Jahres ist er in der Frankfurter Alten Oper zu erleben.