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AZ
Vielseitiger Weltenbürger

Herman van Veen mit Freunden in der Phönixhalle
9 november 2009

(jgw). Noch immer macht sein Herz einen Sprung - 15 Minuten vor dem Auftritt in der Garderobe. Für Herman van Veen scheint das Betreten der Bühne dasselbe zu sein wie für sein treues Publikum, das den Saal fast bis auf den letzten Platz füllt: ein Wiedersehen mit einem alten, lieben Freund.


Der niederländische Barde passt in keine Schublade. Aber nicht, weil er zu sperrig wäre, sondern weil er aus jeder Kategorie mit einem Schmunzeln sogleich wieder entschwinden würde: Er ist Liedermacher und Sänger, nicht Musiker, sondern Musikant, Mahner und Clown - ein vielseitiger Weltenbürger, der in tiefer Melancholie wie im glühenden Optimismus, im albernen Schabernack wie im hintersinnigen Witz zuhause ist.

In der Mainzer Phönixhalle präsentierte van Veen jetzt gemeinsam mit Jannemien Cnossen und Doris Oitzinger (Violine und Gesang) sowie Edith Leerkes (Gesang, Bass und Gitarre) und Erik van der Wurff (Bassgitarre und Klavier) das aktuelle Album "Im Augenblick". Seinem Publikum schenkte er damit gleich viele: lustige und berührende, klingende und auch verstörende.

Mit 64 Jahren ist seine Stimme noch von eindringlicher Stärke, tönt mal voluminös und tragend und dann wieder mit augenzwinkerndem Kichern. Der Haarkranz ist schlohweiß, doch innerlich hat er noch immer Platz für das Kind im Mann.

Und er versteht es, sein Publikum direkt anzusprechen, ohne sich ihm aufzudrängen. Hier schwelgt er in Erinnerungen an sein noch ungeborenes Kind, da kokettiert er mit dem Alter, singt wunderbare Liebeslieder oder die Ballade vom "alten Pärchen Hans und Klärchen", in der ihm eine Momentaufnahme von betörender Schärfe gelingt. Anrührend ist auch der Abschied von einem toten Kind.

Die weiche Melancholie durchbricht van Veen aber immer wieder, wenn er sich rittlings auf den Schlagbass setzt und ihm rhythmisch die Sporen gibt, durchschaubare "Zaubertricks" vorführt, als Balletttänzer über die Bühne fliegt oder es Pingpong-Bälle regnen lässt. Zuweilen irritiert er aber auch mit abwegiger Komik. Doch nach solchen Kapriolen lässt der Sänger wieder seine "Papierboote der Sehnsucht" zu Wasser , unterquert mit ihnen "Brücken aus Kummer" und besingt die Liebe mit jeder Faser des Seins.