Hamburger Abendblatt

Herman van Veen faszinierte im CCH

Ab durch die Böschung
5 dec 2009

Hamburg. Am Ende klebt er sich ein rotes Rosenblatt auf die Nase, verabschiedet sich per Handschlag beim Gang durch die Reihen und wünscht eine gute Heimfahrt: "Nehmen Sie den Weg durch die Böschung. Ich lese, dass die Straßen so gefährlich sind."

Ein letztes Mal gab Herman van Veen im gut besuchten CCH den Komiker - vielleicht seine liebste Rolle. Gäbe es einen Preis für Vielseitigkeit, der singende Holländer hätte gute Chancen. Er zaubert mit Tischtennisbällen, wagt einen lasziven Strip, zuckt wie ein Breakdancer, um Sekunden später als alter Mann, tief gebeugt, über die Bühne zu schleichen.

Auch die Stimmungsebene wechselt im Minutentakt. Die Lacher über groteskes Mühen, die wenigen Haare mit einem überdimensionierten Kamm zu ordnen, ist kaum verhallt, da beschreibt er seinen Albtraum: "Ich war in der Schweiz" - seine Anklage gegen den Minarett-Entscheid der Eidgenossen. Er blödelt über sein Enkelkind ("Der fragte im Zug eine hochschwangere Frau, warum sie ihr Baby aufgegessen habe") und klagt dann als Unicef-Botschafter die Kindersterblichkeit in der Dritten Welt an. Begleitet wird er von drei wunderbaren Musikerinnen und seinem Pianisten Erik van der Wurff, dem er seit nunmehr 45 Jahren die Treue hält. Van Veens Rollenspiele zwischen Melancholie und Komik faszinieren zweieinhalb Stunden. Leider waren bei seinem ersten Konzert nur wenige der alten Lieder zu hören. Aber womöglich ändert van Veen dies für sein Abschlussgastspiel am heutigen Sonnabend im CCH (20 Uhr, Restkarten an der Abendkasse). Er ist ja ein Mann des Wechsels.(pw)