Bunte
Claus Dreckmann
Große Kunst, die Kindern hilft 5 nov 2009

HERMAN VAN VEEN vereint Kunst, Unterhaltung und Engagement: Seit Jahren kämpft er für die Rechte der Kinder


Er ist Clown, Poet, Liedermacher und seit gut 40 Jahren auf der Bühne: HermanvanVeen. Und er hat nach mehr als 10 Mio. verkauften Ton- i trägem immer noch eine Mission: Seit Jahren kämpft der Belgier gegen den Hunger in der Welt und für die Rechte der Kinder. BUNTE sprach mit ihm über seine Musik, Elternliebe und sein Engagement für die Kinder dieser Welt.

In Ihrem neuen Lied „Gott sei Dank" geht es um den Verlust geliebter Menschen. Spüren Sie den Tod näher kommen?
Nun, ich bin 64 Jahre alt. Und ich habe in den letzten Jahren viele Bekannte verlo- ren: durch Krebs, Aids, andere Krankheiten, Verkehrsunfälle. In diesem Lied beschreibe ich meine Dankbarkeit, dass mir das noch nicht passiert ist.

Haben Sie Angst vor dem Tod?
Ein guter Freund von mir ist schwer krank. Als ich ihn im Krankenhaus besucht habe, sagte er: Herman, die Konturen unseres Lebens werden sichtbar. Das hat nichts mit Angst zu tun. Es ist eine Feststellung: Als ich damals mit etwa 20 Jahren begonnen habe, war mein Publikum um die 40 Jahre alt. Die wären jetzt um die 90 Jahre. Zwar kommen viele junge Leute in unsere Konzerte. Das ist ein Geschenk. Aber ich weiß auch, wer nicht mehr da ist.

Sie haben mir mal erzählt, wie wichtig Ihnen Ihre Eltern waren. Warum denken Sie bei Ihrer Mutter immer an C&A?
Das ist eine meiner stärksten Erinnerungen: Wir hatten sehr wenig Geld. Einmal im Mo- nat ging meine Mutter zu C&A, um Hosen zu kaufen. Und meine Mutter konnte sich nie entscheiden. In meinen Augen waren die alle gleich. Aber ich musste immer wie- der eine andere anprobieren. Wenn ich an meine Mutter denke, vermisse ich solche Momente,

Wie war Ihre Beziehung zu den Eltern?
Meine Eltern waren etwa Anfang 20, als der Zweite Weltkrieg ihre Träume von der Zukunft total vernichtet hatte. Dann haben sie im Krieg entschieden, dass sie Kinder wollen. Als die Alliierten in Sizilien lande- ten, hat mein Vater zu meiner Mutter gesagt: Schatz, jetzt machen wir uns einen Sohn.
Das war ein Ausdruck von Hoffnung.

Ganz schön mutig.
Wer die Apokalypse überlebt hat, wollte, dass seine Kinder das nie erleben müssen. Meine Eltern haben nie an sich selbst gedacht, sondern nur an die Kinder. Wenn ich beispiels- weise für die Schule oder im Studium Geld brauchte, hat mein Papa Überstunden ge- macht. Und er hat gelächelt, weil er für seine Kinder die besten Chancen wollte. Des- halb bin ich ihnen auch so -ja, es ist ein schweres Wort - dankbar. Und ih- ren Stolz, ihre Freude, als sie in meinevorstellungen kamen, werde ich nie ver- gessen. Ich habe ihnen die besten Plätze besorgt - auf dem Balkon, wo sonst Kö- nigin Beatrix sitzt.

Sie haben selbst vier Kinder. Waren Sie auch so ein guter Vater?
Ich habe mein Bestes ver- sucht. Als ich jünger war und meine Karriere begann, war ich fast immer zu Hause 95 UM ZU HEL- FEN, MUSS MAN DIE MENSCHEN LIEBEN und für sie da, weil ich erst abends auftrat. Das war ein Riesenvorteil. Als sie klein wa- ren, war ich ihnen immer sehr nahe. Heute sind sie längst erwachsen und haben selbst Kinder. Von einem meiner Enkel handelt auch das Lied „Gott ist der Wind".

Wollte Ihr Enkel von Ihnen wissen, ob es Gott gibt?
Nein. Er kam nach Hause und sagte: „Opa, Gott gibt es." Ich habe ihn gefragt: „Woher weißt du das?" Er hat geantwor- tet: „Gott gibt es, weil er einen Namen hat."

Eine philosophische Schluss- folgerung.
Wenn ein kleiner Junge mit vier Jahren so etwas sagt, ist das doch enorm. Ich habe ihm versucht zu erklären, dass Gott vielleicht gar keine Person ist, sondern eine Idee - und keinesfalls eine blöde Idee.

Wir leben in einer Zeit, in der Fundamentalisten „im Namen Gottes" töten. Macht Sie das nicht wü- tend?
Ja, natürlich. Deshalb ver- suche ich, mich für die Kinder in aller Welt ein- zusetzen. Sie sind unsere Zukunft. Es gibt etwa eine Milliarde Kinder in der Welt, die, wenn sich nichts ändert, nicht älter als zwölf Jahre werden. Das große Problem ist, dass Kinder sich nicht selbst vertreten können.

Was ist mit den Eltern?
Die haben, beispielsweise inAfrika, oft nicht das Geld und die Kraft. Je schlechter es den Menschen geht, desto schlechter geht es den Kindern. Und die Kinder haben ein Problem: Sie haben sich ihre Eltern nicht ausgesucht: Kinderprostitution, Kindersol- daten, Kinderarbeit- ein Horrorszenario! Wir sind noch weit weg von der Zivilisation.

Macht Sie das nicht mutlos?
Ich kämpfe seit über 40 Jahren für die Rech- te der Kinder. Ich kann beweisen, dass man etwas tun kann! Ich kenne viele Menschen, die mittlerweile erwachsen und Arzt oder Lehrer sind, weil man sich um sie geküm- mert hat. Wir machen ganz kleine Projekte, es ist ein Weg der kleinen Schritte. Aber es geht voran. Oft fehlt es bei großen Hilfspro- jekten an echtem persönlichem Interesse, an einem Dialog.

Wie meinen Sie das?
Wenn eine afrikanische Frau Aids hat, kann sie gesunde Kinder kriegen - mit der rich- tigen Medizin. Das Problem ist, dass diese Frauen, wenn sie sich gesund fühlen, ihre Medizin an andere Kranke weitergeben. Wodurch die Behandlung keine Wirkung mehr hat. Es kostet nicht viel Geld, bewirkt aber viel, wenn man sie immer wieder daran erinnert: „Schatz, nimm die Medizin selbst. Tu es für dich und deine Kinder!" Das geht nur im persönlichen Dialog. Dafür muss man seine Mitmenschen lieben.


INTERVIEW: CLAUS DRECKMANN