BIRK GRÜLING
Neue Presse
Herman van Veens Wohlfühlpaket

Der holländische Entertainer gastiert im Aegi
2 oktober 2009

Herman van Veen im Aegi-Theater: Gestern Abend begann das dreitägige poetische Gastspiel. Für heute und morgen gibt es noch Karten.


HANNOVER. Das wirkt immer so, als würde ein guter Freund oder der nette Nachbar vorbeischauen, wenn Herman van Veen die Bühne betritt. "Im Augenblick" heißt das neue Album des Liedermachers, und gestern gab er sein erstes Konzert im ausverkauften Theater am Aegi.

Herman Van Veen ist mit 64 Jahren noch derselbe holländische Hippie, der die Sehnsüchte des Publikums zu wecken vermag. Sein Haar ist grauer und lichter geworden, ihm steht aber die Reife sichtlich gut. Denn die Texte sind immer noch reicher als die Lieder anderer Liedermacher.

Sie sind poetisch dicht geschrieben und machen Hoffnung auf ein freies Leben ohne Sorgen. "Und es regnet, regnet, regnet", funkelt van Veen den Refrain, "und wenn es nicht regnet, dann fängt es an zu regnen." "Amsterdam" heißt das Lied, es eröffnet auch das neue Album "Im Augenblick".
Gerade in Zeiten von Wirtschaftskrise und schlechten Nachrichten fallen einfache Worte wie in "Ich liebe dich noch" oder "Ohne dich" wunderbar leicht. Ein niederländischer Zungenschlag, charmant, einlullend, unterstreicht die Lieder. Das "r" kann van Veen heftig rollen. Man ist im Bann, ja vielleicht sogar in Trance.


Zauberhaft leicht


Aber van Veen kann auch unbequem sein und nimmt Stellung zu der politischen Lage in der Welt. In einem Moment noch ernst und im nächsten schon wieder augenzwinkernd, spricht und singt er von Königreichen und von Leuten, die in Züge steigen. Wilde Skizzen, die im Kopf des Hörers zu Bildern und Szenarien werden. "Die Tauben scheißen Rembrandt-Weiß ..." - hier hat die Poesie auch ihre derben Momente, "Gummiknüppel machen Überstunden", ihre sozialkritischen.
Emotional ist die Show, ohne jeden technischen Firlefanz. Der wahre Entertainer braucht nur sich und was er zu singen und sagen hat. Er will sein Publikum auch gar nicht überraschen oder schocken und gibt ihm auch "Im Augenblick" ein Wohlfühlpaket.

Van Veen erzählt seine Geschichten und Anekdoten, tanzt, imitiert Panflötisten - ein großer chansonesker Clown, der aus der Rückseite des Basses (einer "schwangeren Bässin") seine kleine Violine auf die Bühnenwelt holt, auf der er sich alsbald Geigen-Gitarren-Duelle liefert. Er wechselt nicht nur die Sprachen spielend, sondern auch die Instrumente.

Leicht und zauberhaft. Er begeistert schon am ersten von drei Konzertabenden. Immer wieder gibts großen Applaus mitten in der Show. Nach diesem Abend tritt man aus dem

Theater und wird getroffen von der harten Realität, die für ein paar Stunden doch so fern zu sein schien.