Herman van Veen
SH am Sonntag
Sonntagsgedanken: Flieder
23 maart 2008

Kann mich nicht daran gewöhnen, dass mein Vater und meine Mutter tot sind.
Es passiert noch immer regelmäßig, nun acht Jahre später erneut, dass ich, wenn etwas mit den Kindern los ist oder irgendwas im Garten oder im Fernsehen, zum Telefon laufe, um kurz mit meiner Mutter oder meinem Vater darüber zu reden. Wähle dann ihre Nummer und krieg' daraufhin jedes Mal einen Mann mit einem Schnurrbart ans Telefon. Jedenfalls denke ich das, denn er ist nicht zu verstehen. Sorry, sage ich dann, ich dachte, dass Sie meine Mutter oder mein Vater wären.
Im zeitigen Frühjahr werde ich durch Blumen an ihre Abwesenheit erinnert. Flieder.
Denn immer, wenn der Flieder blüht, hat meine Mutter bald Geburtstag und mein Vater kurz danach. So sind sie auch gestorben: Mama ging weg, Papa kam mit einem Zug später.
Hier und da im Gefilde sehe ich schon wieder die lila und weißen Knospen aufspringen, die mich daran erinnern, dass die, die mir das Liebste waren, mein Vater und meine Mutter, mich mittels eines Himmelszeichens in jedem Frühjahr wieder durch Flieder wissen lassen: Wir sind noch da.
In Lila und in Weiß. Du brauchst den Mann mit dem Schnurrbart jedenfalls in den kommenden Tagen nicht anzurufen.

Wenn das Wetter so bleibt, wie es ist, stehen wir zu Ostern in voller Blüte.



Herman van Veen (60) ist niederländischer Musiker, Entertainer und Unicef-Botschafter.
Seine Sonntags-Gedanken schreibt er exklusiv für Schleswig-Holstein am Sonntag.