Andreas Kövary schreef 7 juni 2007 in de Wiener Zeitung

Gaukler und Geigen

Herman van Veen gastiert zurzeit in Wien – und begeistert sein Publikum

Der Gaukler ist wieder in der Stadt! Der Obergaukler höchstpersönlich! Ja, der mit dem holländischen Akzent und der kleinen Geige, die in der großen Bassgeige schläft wie ein Hund in seiner Hütte.

"Unter 4 Augen" heißt das neue Programm, mit dem Herman van Veen derzeit tourt. Die beiden Augen, die dazugekommen sind, gehören Sängerin und Gitarristin Edith Leerkes. Besser hieße es wohl "Unter 4 Händen" – denn was dieser Harlekin und seine Colombine musikalisch miteinander aufführen, das hat Weltklasseformat.
Wobei das rein musikalische Element lediglich eines von mehreren Steinchen ist, die sich zum Mosaik eines minimalistischen Gesamtkunstwerkes fügen. Wo er zaubert, da pfeift sie sich und uns eins. Wo er zum Entertainer wird und uns seine Sketches darbietet, dass einem vor Lachen die Tränen kommen, da setzt sie plötzlich zu einem Flamenco an, der ihn in einen wilden, furchtbar komischen Tanz reißt . . .


Die Dinge des Lebens


Wenn Herman van Veen auf der Bühne steht, ist diese Bühne im Nu von einer ganzen Familie bevölkert. Dass das seine eigene Familie ist, scheint dabei nur ein Werk des Zufalls. Es ist einfach die Keimzelle der bürgerlichen Gesellschaft, die hier von der Stimme des Mittelstandes gefeiert und verulkt, durch den Kakao gezogen und mit liebevoller Nostalgie porträtiert wird. Die von einer Fahrradtour erzählt oder vom ersten Kuss. Von der Sehnsucht nach dem Vater, der vor kurzem gestorben ist und dennoch in der Küche herumsitzt. Von dem Enkelsohn, den der Opa anruft und der nur ins Handy flüstern kann, weil er sich unter dem Sofa versteckt hat und von seinen Eltern gesucht wird.


Die Früchte der Arbeit


Es sind die kleinen Dinge des Lebens, über die er singt, spielt und erzählt. Über alles oder viel – manchmal über nichts oder doch sehr wenig. Aber wie er auch das Nichts aufbereitet, geht unübersehbar auf die Tradition des französischen Chansons eines Georges Brassens, eines Léo Ferré, eines Jacques Brel zurück. Und vor allem stecken dahinter 40 Jahre unentwegter Arbeit, die nun nicht mehr aufhört, ihre Früchte zu tragen.

Nach dem über zweistündigen Spektakel folgt frenetischer Applaus des alle Altersgruppen umfassenden Publikums und reißt die beiden Performer zu zahlreichen Zugaben hin.