Raphael Zehnder schreef 12 november 2006 inAargauer Zeitung (Ch)


Der gute Mensch von Holland


Das neue Programm sei "keine leichte Unterhaltung, sondern vielmehr an all die gerichtet, die wissen, dass auch Unbequemes glücklich machen kann, wenn es ausgesprochen besungen wird` verspricht der der heitere Melancholiker Herman van Veen für seine aktuelle Tournee.


Er ist ein Mensch, der für das Gute singt, einer der mit seinen Liedern Wärme und Zuversicht verbreitet. Er ist manchmal ein Clown, manchmal ein| Polemiker, der bald behutsam, bald pointiert und| stets ehrlich seinen Überzeugungen Ausdruckt gibt. Humanität ist sein Grundprinzip. Ihr widmet sich Herman van Veen bisher auf 150 CDs und DVDs, in über 60 Büchern - und seit 1965 auß der Theaterbühne. "Traum und Wirklichkeit, Glüd^r und Leid, Leben und Tod, Liebe und Hass" nennt er als Gegensatzpaare, die das neue Programm "Unter 4 Augen" prägen. Die anderen beiden Augen gehören der Gitarristin Edith Leerkes, mit der van Veen seit 1992 regelmässig zusammenarbeitet.

In seinen gesungenen und gesprochenen Kommentaren zur Welt tritt van Veen für Liebe, Toleranz und Verständigung ein, er wendet sich gegen alles Simplistische, dagegen, dass alles dem Mammon geopfert wird, und dagegen, dass Konflikte militärisch statt mit Schulen und Brot gelöst werden. Das kann bisweilen etwas naiv und gar moralisch anmuten. Wer kann angesichts von Irak und Nahost noch ans Gute im Menschen glauben? Aber, ehrlich gesagt, was wäre die Alternative?

Herman van Veens Musik speist sich aus vielfältigen Quellen: Chansons und europäisch-klassische Lieder fliessen ebenso in sein Repertoire ein wie Klänge und Melodien aus anderen Kulturen. Mit einer solchen Mischung sei er gross geworden, sagt der 1945 in Utrecht geborene Arbeitersohn: "Ich habe eine jüdische Mutter, mein Vater ist ein christlicher Holländer. Ich habe klassische Musik - Geige und Gesang- studiert. Das ist mein Beruf, mein Herz liegt aber auch bei der Volksmusik." Und er nennt als Vorbilder Buster Keaton, Charlie Chaplin, Edith Piaf, Jacques Brel, Norman Wisdom, Danny Kaye - und: "In der klassischen Musik gibt es für mich nichts Schöneres als Mozart, nichts Förmidableres als Bach, nichts grandioseres als Beethoven". Herman van Veen verbindet immer heitere und ernste Lieder: "Es ist ein wenig der Charakter eines Clowns, sofort tauch den Kontrapunkt zu erklären. Sonst wird es in meinen Augen zu schwer verdaulich. In der blödesten Sache sehe ich immer Licht." Dieses positive Engagement, dieses Trotz-Allem trifft man bei van Veen allenthalben. Er führt es auch abseits der Bühne fort: In mehreren Stiftungen setz er sich für die Rechte der Kinder ein und war jahrenlang Vorstandsmitglied der Unicef-Sektion seiner Heimat. Das Buch- und Trickfilm Enten-Waisenkind Alfred Jodocus Kwak, seine bekannteste Erfindung, kündet seit 1979 von dieser humanitären Tätkraft.



Raphael Zehnder