Frank Helling schrieb am 11.02.2006 in der NRZ


Herman, der gute Mensch


LIED.GUT
Der 60-jährige Künstler kam mit seinem aktuellen Programm "Hut ab". Seine Fans fanden´s toll.

Herman van Veen. Begnadeter Musik-Poet oder moralisierender Rumsülzer? Man liebt ihn oder man lehnt ihn ab. Natürlich kommen in seine Konzerte nur die, die ihn lieben. So war es auch am Donnerstagabend in der Stadthalle. Ein Heimspiel für den Niederländer.

Was ist das Anziehende an dem mittlerweile auch schon 60-Jährigen? Seine Poesie, seine Musik, seine Albernheiten, sein Charme, seine Grimassen. Van Veen, das ist ein Mulitalent. Das ist einer, der dem Zuhörer mit einem Satz das Lachen abrupt zurück in den Hals schiebt. Das ist einer, bei dem man nie weiß, ob die Geschichte, die er singt oder erzählt, gut ausgeht. Jemand, der sich nicht zu schade ist für Quatsch und Albernheiten, der von der Sohnesliebe zu seiner Mutter singt und kurz danach zum Rundumschlag gegen Politiker, gegen Vietnam- und Irakkrieg, gegen Israels Verhalten gegenüber den Palästinensern ausholt. Und dann wird es wieder ganz, ganz leise, sehr anrührend, ja ergreifend, voller Poesie eben. Herman van Veen, der Gut-Mensch (nicht böse gemeint).


Mit dem Alter kokettieren



Herman van Veen der moralisierende Rumsülzer. Hier mal ein bisschen den Hunger in der Welt anklagen, dort ein wenig die Politik der USA kritisieren, noch einige Zeilen eines 1942 im Konzentrationslager vergasten jüdischen Mädchens zitieren, dann aber schnell wieder zurück zur eigenen Kindheit, noch mit dem eigenen Älterwerden kokettieren, einen Kalauer hinterherschieben, dann einen Luftballon schweben lassen - natürlich ganz sachte -, um daraufhin ganz aggressiv ins Mikro zu sprechen. Herman van Veen, der Gut-Mensch (böse gemeint).


Hervorragende Mitspieler


Wohl unstrittig hat das Urteil über die Qualität seiner vierköpfigen Band, darunter der Pianist Erik van der Wurff, mit dem van Veen seit 43 Jahren auftritt, auszufallen. Ob Klavierspieler, Gitarristin, Violinistin oder Cellist - alle beherrschen ihre Instrumente, sorgen nicht nur für den musikalischen Unterbau, sind also keine bloße Begleitband, sondern fulminante Mitspieler, die mit Gesten oder im Duett oder im wunderschönen Solospiel glänzen.

Ein gefühlvoller, ein anrührender, ergreifender, fröhlicher, ein unterhaltender Abend würden die Herman-Liebhaber urteilen. Und so war´s auch am Donnerstag im fast bis auf den letzten Sitz besetzten Zuschauerraum: lang anhaltender Beifall. Und ein Herman van Veen, der nach dem offiziellen Teil noch locker 45 Minuten hinterher schob. Ein Künstler, der mit dem ganzen Herz bei seinem Publikum ist. Sympathisch. Herman van Veen und Edith Leerkes in Aktion. (Foto: Ole Heyer)